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Stiftungshochschule – eine Perspektive für die Jade Hochschule?

Im Gespräch mit Hochschulpräsident Prof. Dr. Manfred Weisensee

Mit der Novellierung des Hochschulgesetzes im Jahr 2002 wurde in Niedersachsen die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Hochschulen in die Trägerschaft von Stiftungen des öffentlichen Rechts überführt werden können. Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften steht es seither offen, das Stiftungsmodell als rechtliche Struktur für sich zu wählen. Die Jade Welt (JW) spricht mit Hochschulpräsident Prof. Dr. Manfred Weisensee über das Stiftungsmodell als mögliche Perspektive für die Jade Hochschule…

JW: Herr Prof. Dr. Weisensee, die Diskussion um die Stiftungshochschule treibt aktuell viele Kolleginnen und Kollegen um. Was hat Sie dazu bewogen, über eine Umwandlung in eine Stiftungshochschule nachzudenken?

Weisensee: Seit mehr als 20 Jahren haben Hochschulen in Niedersachsen die Möglichkeit, ihre Entwicklung eigenverantwortlich zu gestalten und die Überführung der staatlichen Hochschule in die Trägerschaft einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts zu beantragen. Nachdem im letzten Jahr die Leibniz Universität Hannover diesen Schritt erfolgreich vollzogen hat, sind mehr als die Hälfte der Studierenden und der Beschäftigten an Hochschulen in Niedersachsen Mitglieder von Stiftungshochschulen. Nicht nur große Universitäten wie Hannover und Göttingen oder die Hochschule Osnabrück haben diesen Weg gewählt, sondern auch Hochschulen, die kleiner sind als unsere Jade Hochschule.

Daher hat sich das Präsidium in der Vorbereitung der weiteren Entwicklungsplanung auch mit dieser Frage befasst, denn wir halten es für zielführend, die Entwicklung der Hochschule stärker eigenverantwortlich zu gestalten.

Prof. Dr. Manfred Weisensee (Foto: Axel Biewer)
Prof. Dr. Manfred Weisensee (Foto: Axel Biewer)

JW: Welche Vorteile erhofft sich die Hochschulleitung von diesem Schritt, sowohl für die Institution als auch für Studierende und Bedienstete?

Weisensee: Derzeit kann die Jade Hochschule über zahlreiche relevante Fragen, die für ihre Entwicklung wichtig sind, nicht selbst entscheiden. Dies betrifft für die Institution und Studieninteressierte gerade aus der Region insbesondere die Einführung und Schließung von Studiengängen und für Beschäftigte die Denomination und Freigabe von Professuren, das dauerhafte Berufungsrecht und ebenso Vorteile für Tarifbeschäftigte, beispielsweise bei der Eingruppierung. Hinzu kommt die Bauherreneigenschaft, die gerade für eine Hochschule mit starker eigener Baukompetenz Vorteile erwarten lässt.

JW: Die Umwandlung in eine Stiftungshochschule birgt aber nicht nur Chancen. Welche Risiken wären mit der Umwandlung verbunden, und wie gedenken Sie, diesen zu begegnen?

Weisensee: Die gesetzlichen Bestimmungen und die in der Verordnung zur Errichtung der Stiftung enthaltenen Regelungen sichern die Hochschule gegen mögliche Risiken sehr gut ab. So erhält die Stiftung zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine jährliche Finanzhilfe des Landes und muss sich nicht wie private Stiftungen aus Erträgen eines Stiftungsvermögens finanzieren. Die Entscheidungsfreiheit der Hochschule geht dabei einher mit der Übernahme von Verantwortung, die ein angemessenes Risikomanagement insbesondere bei der Wirtschaftsführung beinhaltet. Der Stiftungsrat überwacht die Tätigkeit des Präsidiums. Wichtig ist auch, dass die Stiftung die Selbstverwaltung der Hochschule und damit ein wesentliches Element der Wissenschaftsfreiheit wahrt.

JW: Viele Hochschulangehörige machen sich Gedanken um ihre berufliche Zukunft an der Jade Hochschule. Müssen Bedienstete bei der Umwandlung in eine Stiftungshochschule um ihren Job fürchten?

Weisensee: Die beamten- und tarifrechtlichen Regelungen geben den Beschäftigten große Sicherheit, insbesondere hinsichtlich Beschäftigungssicherung, Besitzstandswahrung, Gesundheitsmanagement, Beihilfe und Altersversorgung bis hin zum Rückkehrrecht in den Landesdienst für Tarifbeschäftigte. Weiterhin enthält die Vereinbarung zwischen der Landesregierung, ver.di und dem Marburger Bund zur Errichtung von Stiftungshochschulen ein Vorschlagsrecht für den Stiftungsrat, was eine Stärkung der Arbeitnehmervertretung gegenüber Hochschulen in Trägerschaft des Staates bedeutet.

JW: Wie werden die Hochschulangehörigen in den Entscheidungsfindungsprozess zur Stiftungshochschule eingebunden?

Weisensee: Jede Entscheidung zu einer Veränderung basiert auf einer Abwägung von Chancen und Bedenken. Voraussetzung für die Entscheidung ist, sich sowohl der Chancen als auch der Bedenken bewusst zu sein. Wir haben daher in einer Klausurtagung des Senats diskutiert und anschließend hochschulöffentlich vorgestellt, dass es zur Entscheidungsfindung wichtig ist, Transparenz herzustellen, dazu Fragen zu formulieren und diese Fragen zu beantworten. Damit haben wir bereits begonnen und auf unserer Homepage entsprechende Informationen eingestellt, die wir laufend ergänzen werden. Weiterhin werden wir Informationsveranstaltungen durchführen, anknüpfend an den Vortrag von Prof. Epping, und – sicherlich auch kontrovers – über das Modell der Stiftungshochschule diskutieren.

JW: Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Weisensee: Neben den bereits begonnenen Aktivitäten werden wir seitens des Präsidiums die weiteren Diskussionen zur Novellierung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes und den erwarteten Referentenentwurf dazu auswerten, der noch auf sich warten lässt. Das Gesetz soll aber in dieser Legislatur verabschiedet werden. Wir werden in der Hochschule und in den zuständigen Gremien, insbesondere im Senat, der letztlich über den Antrag zur Stiftungshochschule entscheidet, darüber informieren und diskutieren, welche Konsequenzen die Gesetzesnovelle für die Jade Hochschule haben wird, welche Kompetenzen auch den Hochschulen in Trägerschaft des Staates übertragen werden und wie dies den Abwägungs- und Entscheidungsprozess beeinflusst. 

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