Wirtschaftliches Potential der Luftfahrtindustrie ausbauen

Jade Hochschule und Premium AEROTEC starten Forschungsprojekt zur automatisierten Nutzung von Fertigungsdaten

Untersucht werden Zerspanprozesse - Fertigungsverfahren, die Werkstücken eine bestimmte geometrische Form geben. (Foto: Premium AEROTEC)
Untersucht werden Zerspanprozesse - Fertigungsverfahren, die Werkstücken eine bestimmte geometrische Form geben. (Foto: Premium AEROTEC)

Wie das wirtschaftliche Potential der Luftfahrtindustrie durch eine automatisierte Nutzung von Daten ausgebaut werden kann, untersuchen die Jade Hochschule und Premium AEROTEC in einem aktuellen Forschungsprojekt. „Der Kostendruck auf unser Unternehmen als Teilelieferant für die Luftfahrt ist in den vergangenen Jahren gestiegen“, sagt Dr. Kai Schimanski, Leiter Additive Manufacturing & Machining Technology von Premium AEROTEC. „Um auch zukünftig im immer stärker umkämpften Markt bestehen zu können, ist es auch erforderlich, die Kosten in der Teilefertigung weiter zu senken.“

Denkbare Ansätze um die Kosten zu senken wären es, die Maschinenauslastung zu erhöhen, die Werkzeugressourcen besser zu nutzen oder die Qualitätsprüfung zu optimieren. „All diese Ansätze basieren auf zuverlässigen Daten zu den Fertigungsprozessen, Werkzeugzuständen und der Qualitätssicherung“, erklärt Dr. Kai Mecke, Professor für Informationstechnologie im Fachbereich Ingenieurwissenschaften der Jade Hochschule. Diese Daten systematisch zu erfassen und umfassend, zentral und automatisiert auszuwerten, ist Ziel des Forschungsprojektes.

Durch intelligente Datenauswertung die Maschinenauslastung erhöhen

Zunächst werden die Daten für die Fertigungsverfahren und Zustände der Werkzeuge gesammelt, analysiert und Modelle für deren Einfluss auf die Qualität abgeleitet. Hierbei werden zwei Ansätze verfolgt: das Condition Monitoring (CM) und Künstliche Intelligenz (KI). Beim Condition Monitoring wird der Einfluss des Prozessablaufs und der Werkzeuge auf die Qualität untersucht. Insbesondere die Drehmomente der Zerspanprozesse - Fertigungsverfahren, die Werkstücken eine bestimmte geometrische Form geben - und die Analyse des Verschleißes der Werkzeuge stehen hier im Vordergrund. „Wir greifen dabei auf bisher noch nicht vollständig genutzte Maschinendaten zurück und wollen neue Messtechnologien erforschen“, sagt Dr. Jens Wellhausen, Professor für „Meeresmesstechnik/Sensorik“ im Fachbereich Ingenieurwissenschaften der Jade Hochschule.

Die verdichteten Daten werden für die Entwicklung eines ganzheitlichen Modells herangezogen, das alle Schritte der Herstellung eines Bauteils umfasst – von der Simulation des Zerspanprozesses und der NC-Programmierung bis zur eigentlichen Zerspanung und Überprüfung der Qualität.

„Die gesamten Informationen werden zusammengeführt und mit Hilfe von Condition Monitoring und Künstlicher Intelligenz ausgewertet",

erklärt Mecke. Im Idealfall könnten die Informationen später an die Entwickler und Konstrukteure am Anfang des Prozesses zurückgespielt werden. Es entsteht eine bauteilbezogene Landkarte der Prozessfähigkeit, die voraussagt, in welcher Qualität ein Werkstück gefertigt werden kann.

Gebrauchsfreundliche Bedienoberflächen entwickeln

Zudem untersuchen die Wissenschaftler die Bedienoberflächen der Auswertetools und entwickeln gebrauchsfreundliche Oberflächen. „Unser Ziel ist es, die neu aufgenommenen Maschinendaten und deren Auswirkungen in die Anzeigen zu integrieren und den NC-Programmieren sowie den Arbeitsvorbereitern zur Verfügung zu stellen, ohne dass die kompliziertere Bedienung und Administration eine zusätzliche Belastung der Mitarbeiter darstellt“, sagt Dr. Knut Barghorn, Professor für Medieninformatik im Fachbereich Management, Information, Technologie.

Wie die Beschädigung von Bauteilen durch Werkzeugverschleiß verhindert werden kann, ist ein Aspekt des Forschungsprojektes. (Foto: Premium AEROTEC)
Wie die Beschädigung von Bauteilen durch Werkzeugverschleiß verhindert werden kann, ist ein Aspekt des Forschungsprojektes. (Foto: Premium AEROTEC)

Über das Forschungsprojekt

Das Forschungsprojekt AUTODAT - AUTomatisierte, ganzheitliche Nutzung von FertigungsDATen wird von der Jade Hochschule in Kooperation mit Premium AEROTEC GmbH durchgeführt. Die Jade Hochschule erhält hierfür im Luftfahrtforschungsprogramm des Landes Niedersachsen eine Förderung von 835.000 Euro. Drei Wissenschaftler_innen werden für das Forschungsprojekt allein an der Jade Hochschule zusätzlich eingestellt. Zudem werden auch Studierende zum Beispiel in ihren Abschlussarbeiten daran mitarbeiten.

Das Team (v.li.): Dr. Tobias Surmann (Premium AEROTEC), Prof. Dr. Kai Mecke (Jade HS), Prof. Dr. Knut Barghorn (Jade HS), Prof. Dr. Jens Wellhausen (Jade HS), Dr. Kai Schimanski (Premium AEROTEC) und Dr. Matthias Lange (Premium AEROTEC). (Foto: Premium AEROTEC)
Das Team (v.li.): Dr. Tobias Surmann (Premium AEROTEC), Prof. Dr. Kai Mecke (Jade HS), Prof. Dr. Knut Barghorn (Jade HS), Prof. Dr. Jens Wellhausen (Jade HS), Dr. Kai Schimanski (Premium AEROTEC) und Dr. Matthias Lange (Premium AEROTEC). (Foto: Premium AEROTEC)

Forschungsteam von der Jade Hochschule

Prof. Dr.-Ing. Jens Wellhausen aus dem Fachbereich Ingenieurwissenschaften ist Experte für Signalverarbeitung und wurde 2007 für seine Forschungstätigkeit im Bereich der Audiosignalanalyse am Institut für Nachrichtentechnik der RWTH Aachen promoviert. Es folgte eine Industrietätigkeit bei einer Tochterfirma der Schaeffler AG mit dem Themenschwerpunkt „Condition Monitoring“. 2012 wurde er auf die Professur „Meeresmesstechnik/Sensorik“ im Fachbereich Ingenieurwissenschaften der Jade Hochschule berufen.

Prof. Dr.-Ing. Kai Mecke aus dem Fachbereich Ingenieurwissenschaften ist Spezialist für Informationsmodellierung und wurde 2012 für seine Forschungstätigkeit in Bereich der semantischen Technologien am Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion der Technischen Universität Darmstadt promoviert. Nach diversen Tätigkeiten in der Industrie im Kontext des Datenaustausches im Anlagenbau wurde er 2019 auf die Professur mit der Denomination „Informationstechnologie im Maschinenbau“ berufen.

Prof. Dr. Knut Barghorn aus dem Fachbereich Management, Information, Technologie hat Physik studiert und ist 2006 mit der Denomination Medieninformatik an die Hochschule berufen worden. Nach der Promotion hat er zehn Jahre im Medienbereich gearbeitet. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Gebrauchstauglichkeit von Benutzungsschnittstellen. In dem von ihm aufgebauten Usability Labor sind zahlreiche Master- und Bachelorarbeiten sowie einige Veröffentlichungen entstanden.

Ansprechpartnerin in der Redaktion

  • Katrin Keller
    Katrin Keller

    katrin.keller@jade-hs.de