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ESG-Datenmanagement

Zwischen Regulierung, Komplexität und Praxisreife

Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, steigende regulatorische Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit zu erfüllen und zugleich interne wie externe Stakeholder verlässlich mit belastbaren ESG (Environmental, Social und Governance) -Informationen zu versorgen. Ein strukturiertes ESG-Datenmanagement ist dafür die zentrale Voraussetzung – in der Praxis bleibt dessen Umsetzung jedoch komplex und anspruchsvoll.

Erfahrungsaustausch bei Knoll: ESG-Daten im Fokus

Diese Herausforderungen standen im Mittelpunkt des Erfahrungsaustauschs „ESG-Datenmanagement“, der am 20. November bei der Knoll GmbH & Co. KG stattfand. Diskutiert wurden zentrale Fragen zur Erfassung, Verarbeitung und Auswertung von Nachhaltigkeitsdaten, zum Einsatz digitaler Lösungen sowie zur Berechnung von CO₂-Fußabdrücken auf Unternehmens- (Corporate Carbon Footprint, CCF) und Produktebene (Product Carbon Footprint, PCF).

CO₂-Bilanzierung: Einfacher Verbrauch, komplexe Materialien

(Bild: Jade HS/Elvis Jasarovic)
(Bild: Jade HS/Elvis Jasarovic)
(Bild: Jade HS/Elvis Jasarovic)
(Bild: Jade HS/Elvis Jasarovic)

Während sich CO₂-Emissionen aus Energieverbräuchen mithilfe etablierter Tabellenwerke, etwa der BAFA, vergleichsweise unkompliziert ermitteln lassen, steigt die Komplexität bei materialbedingten Emissionen deutlich an. Emissionsfaktor-Tabellen sind häufig kostenpflichtig, teils standortabhängig und nicht immer konsistent. Unterschiedliche Datenquellen liefern teils stark abweichende Werte, was die Auswahl geeigneter Faktoren erschwert und die Transparenz der Ergebnisse mindert.

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Brücke zwischen Praxis und Forschung

Am Erfahrungsaustausch nahm auch ein Vertreter der angewandten Forschung teil: Elvis Jasarovic, wissenschaftlicher Mitarbeiter im vom BMFTR geförderten Projekt “Edge Datenwirtschaft in der nachhaltigen automatisierten Fertigungswirtschaft” (EDNA), in dem er für Nachhaltigkeitscontrolling und die Entwicklung von Nachhaltigkeitskennzahlen verantwortlich ist. Ziel des Projektes ist es, die Potenziale digitaler Technologien für eine nachhaltigere Fertigung in der produzierenden Industrie zu untersuchen und die Daten für ein Nachhaltigkeitscontrolling aufzubereiten. Die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt der Jade Hochschule konnten dabei in den Erfahrungsaustausch einfließen.

Datenqualität als zentrale Hürde

Ein weiteres Kernthema war die Qualität der zugrunde liegenden Daten. Viele Nachhaltigkeitsmanager_innen berichten, dass fehlende oder unvollständige Stammdaten derzeit das größte Hemmnis darstellen. Selbst leistungsfähige Dashboards oder spezialisierte Softwarelösungen können ihren Mehrwert nicht entfalten, wenn die Datengrundlage nicht sauber gepflegt und konsistent strukturiert ist.

Fragmentierter Markt für ESG-Software

Auch bei der Auswahl geeigneter Tools zeigt sich ein heterogenes Bild. Plattformen wie Sphera oder Osapiens bieten zwar umfassende Funktionalitäten, ihre Eignung hängt jedoch stark von den betroffenen Fachabteilungen, spezifischen gesetzlichen Anforderungen und der internen Entscheidungsdynamik ab. Eine einheitliche, übergreifende Lösung existiert derzeit nicht. Der Markt ist fragmentiert, und viele Unternehmen sehen die Gefahr einer langfristigen Abhängigkeit von einzelnen Anbietern kritisch.

Zentrale Erkenntnis: Daten vor Software

Die wichtigste Erkenntnis aus dem Austausch lautete daher: Die zentrale Herausforderung liegt weniger in der Auswahl der richtigen Software als im Aufbau einer konsistenten, zentralen Datenlandschaft. Erst wenn Datensammlung, Datenpflege und Stammdatenlogik zuverlässig funktionieren, lassen sich ESG-Kennzahlen effizient erheben, regulatorische Pflichtberichte sicher erstellen und CO₂-Bilanzen nachvollziehbar berechnen.

 

Mehrwert durch Austausch und Best Practices

Die Veranstaltung verdeutlichte zudem den hohen Wert des unternehmensübergreifenden Austauschs. Unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Best Practices liefern konkrete Ansatzpunkte, um die eigene ESG-Datenstrategie weiterzuentwickeln und praxisnah zu stärken.

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