Einfluss von Chatbots auf die Wissensgewinnung an Hochschulen
Medienprojekt der Jade Hochschule untersucht Relevanz und Nutzung von ChatGPT in Studium und Lehre
Wilhelmshaven. Spätestens seit Ende 2022 sind Chatbots in aller Munde. Sie schreiben innerhalb weniger Sekunden lange Artikel, fassen Dokumente zusammen oder werden zur Recherche genutzt. Bilder und Videos entstehen. Was auf der einen Seite unglaublich beeindruckend ist, wirkt auf der anderen Seite beängstigend. Welchen Einfluss hat diese Form der Wissensgewinnung auf Hochschulen und Universitäten? 15 Studierende der Jade Hochschule haben im Master-Studiengang Management digitaler Medien unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Horneber in einem Projekt die Relevanz und Nutzung von ChatGPT in Studium und Lehre an der Jade Hochschule untersucht.
„Besonders war, dass wir uns in dieser großen Gruppe zusammengefunden haben, um gemeinsam an diesem Thema zu arbeiten“, berichtet Ilka Gerdes, die gemeinsam mit Iska Raabe die studentische Projektleitung übernahm. Geplant hatte Dozent Horneber vier Aufgabenstellungen zu unterschiedlichen Themen. „Aber die Faszination und das Interesse an ChatGPT als Forschungsfrage war groß, sodass wir uns kurzerhand umentschieden haben“, erklärt Horneber.
„Wir waren alle wissbegierig und haben uns sehr für das Thema begeistert.“
Iska Raabe
Die Studierenden entwickelten spezifische Forschungsfragen für Studierende und Lehrende und führten Befragungen durch, an denen sich 359 Studierende und 46 Lehrende beteiligten.
„Wenn man die prozentuale Verteilung betrachtet, haben deutlich mehr Lehrende als Studierende an der Befragung teilgenommen.“
Prof. Dr. Christian Horneber
Insgesamt haben Studierende nicht das Vertrauen in ChatGPT, um sich eine gesamte Hausarbeit oder gar Abschlussarbeit schreiben zu lassen. Sie nutzen es jedoch, um erste Fragen zu einem Thema zu beantworten, um eine Gliederung zu erstellen oder als Inspirationsquelle. Studierende sehen, dass sie mit ChatGPT eine effizientere Möglichkeit haben, Wissen zu erlangen. Jedoch sehen sie die Implementierung in den Hochschulkontext kritisch, weil sie befürchten, die neue Technologie könnte missbräuchlich verwendet werden, was die Studierenden als ungerecht empfinden. Gleichzeitig befürchten sie, dass sie die Fähigkeit verlieren, sich kritisch mit Inhalten auseinander zu setzen. Sie wünschen sich deshalb eine offene Kommunikation und einen offenen Umgang mit ChatGPT von den Lehrenden.
Bei den befragten Lehrenden wird deutlich, dass ein Teil der Befragten bereits ChatGPT zur Vorbereitung von Lehrveranstaltungen eingesetzt hat, während andere Chatbots noch nie ausprobiert haben. Lehrende befürchten, dass Studierende die Technologie unerlaubt zur Erstellung von Prüfungsleistungen, insbesondere aber bei Hausarbeiten, nutzen könnten. Obwohl nicht alle Lehrende ChatGPT aktiv einsetzen, bewerten sie die Technologie überwiegend positiv, was auf das Potential für eine breitere Anwendung in der Zukunft hindeutet. Bedenken haben Lehrende insbesondere in Bezug auf die mangelnde Qualität der Ergebnisse, die mögliche missbräuchliche Verwendung durch Studierende und die begrenzte Abdeckung von datenschutztechnischen, ethischen und rechtlichen Standards. Gleichzeitig betonen Lehrende die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Einsatzes von ChatGPT in der Hochschullehre. Ebenso wie die Studierenden setzen sie sich daher für Schulungen ein, um die Medienkompetenz zu stärken und wünschen sich darüber hinaus einen Handlungsleitfaden.
Potential und Herausforderungen
Beide Zielgruppen erkennen das Potential von ChatGPT und sind bereit, es in ihren akademischen Aktivitäten zu nutzen. Gleichzeitig sehen beide Gruppen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf den Datenschutz und ethische Fragestellungen. Die Studierendengruppe schlussfolgert in ihrem Projekt daher, dass die Jade Hochschule zum einen Schulungen für Studierende und Lehrende anbieten sollte, um den angemessen Umgang und Einsatz von Chatbots sicherzustellen. Gleichzeitig empfehlen sie einen Handlungsleitfaden, der vorgibt, in welcher Form Chatbots zukünftig eingesetzt werden dürfen. Die Studierendengruppe kommt zu dem Ergebnis, dass Chatbots als Ergänzung in der Lehre dienen sollen und nicht als Ersatz. Erforderlich sei dafür Aufklärung für Lehrende und Studierende sowie hochschulweit geltende Richtlinien zur Nutzung von künstlicher Intelligenz.
Raum für zukunftsweisende Veränderungen
„In Planung ist bereits ein offenes Austauschformat, in dem wir uns über Datenschutzfragen, ethische Aspekte und ähnliche Fragestellungen austauschen. Wir als Präsidium der Jade Hochschule sehen, dass Künstliche Intelligenz in der Zukunft Lehre, Studium und Forschung stark beeinflussen wird. Durch die offene Diskussion wollen wir eine stabile Entscheidungsgrundlage entwickeln und Raum für zukunftsweisende Veränderungen schaffen“, erklärt Prof. Dr. Hero Weber, Vizepräsident Studium und Lehre an der Jade Hochschule.
Die vollständige Studie zum Download
Die Jade Hochschule mit ihren drei Studienorten im Nordwesten Deutschlands sieht sich in der Verantwortung für die Entwicklung der Region, in der sie stark verwurzelt ist. Hier trifft ein breites und modernes Fächerangebot auf innovative Formen der Lehre. Die Forschungstätigkeiten der Jade Hochschule zeichnen sich durch einen hohen Praxisbezug aus, die in Kooperation mit Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden.