Seit dem 1. August 2015 ist Niedersachsen nach elf Jahren „Turboabitur“ (G8) wieder zum Abitur nach 13 Schuljahren (G9) zurückgekehrt. Der letzte G8-Jahrgang wird das Abitur im Frühjahr 2019 ablegen, der erste G9-Jahrgang folgt dann im Frühjahr 2021. Durchschnittlich gibt es nach Angaben des Kultusministeriums in Niedersachsen pro Schuljahrgang 33.000 Abiturient_innen. Rund 75 Prozent davon kommen von den allgemeinbildenden Gymnasien und den nach Schulzweigen gegliederten Kooperativen Gesamtschulen (KGS), die 2004 auf G8 umgestellt wurden. Durch die Umstellung an diesen Schulformen wird es im Schuljahr 2019/20 keinen regulären Abiturjahrgang geben. Die Hochschulen des Landes sind deshalb gefragt, Maßnahmen zu entwickeln, um dieser Herausforderung zu begegnen. Die Redaktion der Jade Welt (JW) sprach mit Eike Betten, Studienberater für Studieninteressierte an der Jade Hochschule.
JW: Herr Betten, Sie kommen gerade von der Studienmesse ‚Go-Abroad Fair‘ aus Utrecht wieder. Warum waren Sie ganz in den Niederlanden?
Betten: Bei unseren Schulbesuchen und Messekontakten hören wir von vielen Studieninteressierten, dass ein Studium in den Niederlanden sehr attraktiv ist. Einige Gründe hierfür sind eine hohe Lebensqualität vor Ort und eine dem deutschen Hochschulsystem ähnliche Struktur mit der Unterteilung in Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften. In den Niederlanden gibt es auch viele zulassungsfreie Studiengänge. Wir bekommen aber auch mit, dass dort viele Studierende nach dem Studienbeginn wieder nach Deutschland wechseln. So fallen beispielsweise schnell Studiengebühren im vierstelligen Bereich pro Jahr an. Wir haben also viele Berührungspunkte mit unserem Nachbarland.
Daher erscheint es uns konsequent, dass wir uns den niederländischen Studienmarkt vor Ort einmal genau ansehen. Die Infomesse „Go-Abroad“ ist eine der größten Studieninformationsmessen weltweit mit vielen unterschiedlichen Einrichtungen aus dem Bildungsbereich. Das Event ist eine tolle Gelegenheit, mit Studieninteressierten nicht nur über die Jade Hochschule oder den niedersächsischen Hochschulen ins Gespräch zu kommen, sondern sich auch mit den anderen Ausstellern auszutauschen.
JW: Konnten Sie Anregungen von den niederländischen Kolleginnen und Kollegen mitbringen, die sich vielleicht auch für die Umsetzung an der Jade Hochschule eignen?
Betten: Utrecht ist geographisch gar nicht weit entfernt. Trotzdem haben nicht wenige niederländische Schüler_innen gefragt, wo denn „Lower Saxony“ überhaupt liegt. Bei den nachgefragten Studiengängen können wir dann aber viel anbieten. Bei unseren Gesprächen haben wir auch herausgehört, dass die Arbeit in kleinen Lerngruppen in einer familiären Atmosphäre als sehr positiv bewertet wird. Das sind ideale Berührungspunkte. Die deutsche Sprache wird den meisten Schüler_innen zwar in der Schule beigebracht, allerdings ist der Wunsch nach Studiengängen in englischer Sprache oder zumindest in einer Kombination Englisch/Deutsch sehr groß. Eine rege Nachfrage gibt es auch nach möglichen Master-Optionen nach dem Bachelor. Es besteht ein hohes Interesse, einen weiterführenden Master-Studiengang im ausländischen Umfeld zu studieren.
JW: Was konnten denn die Kolleginnen und Kollegen von der Jade Hochschule lernen?
Betten: „Abroad can be this close“. Wenn man im Ausland studieren und neue Menschen und Kulturen kennenlernen möchte, muss man gar nicht so weit in die Ferne schauen. Die Mischung aus geringen Studien- und Lebenshaltungskosten bei einem qualitativ hohen Niveau in Studium und Lehre hat viele Niederländer beeindruckt. Man muss sich auch nicht von einer riesigen Stadt mit vielen Studierenden hypen lassen. Kleine Hochschulen in kleineren Städten haben viele Vorzüge. Damit können wir punkten. Die Menschen sind sehr wissbegierig und haben viele Ideen für ein Studium und die spätere Karriere. Daher wird die persönliche und individuelle Ansprache sehr geschätzt.
JW: Vielen Dank für das Gespräch!