
Wie lässt sich der bestehende Gebäudebestand zukunftsfähig weiterentwickeln – und welche baulichen, technischen und organisatorischen Herausforderungen sind dabei zu meistern? In diesem Sommersemester gab es erneut vielfältige Bezüge zur Baupraxis in der Abteilung Bauwesen. Den Auftakt bildete eine zweitägige Exkursion zu Hamburger Baustellen, die Prof. Dr. Iris Reuther, Professorin für Baukonstruktion im Fachbereich Bauwesen Geoinformation Gesundheitstechnologie, mit etwa einem Dutzend Studentinnen und Studenten durchführte.
Bauen im Bestand: Herausforderungen und Chancen
Besucht wurden Projekte unterschiedlichster Bauzustände, die repräsentativ für künftig zunehmende Bauaufgaben stehen – das Bauen im Bestand. Die Sanierung und Umnutzung eines ehemaligen Kaufhauses „Klöpperhaus“ in der Innenstadt bildete den Auftakt. Dort traf die Exkursionsgruppe auf den Bauleiter Holger Nitschke, einen Absolventen der Jade Hochschule aus dem Jahr 1985. Nitschke gelang damals in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Berufseinstieg: „Ausgerüstet mit einem soliden Abschluss als konstruktiver Dipl. Ing. (FH) in Oldenburg, habe ich meine Chancen in der Ferne, mit Start im Rhein-Main-Gebiet, genutzt, um mich kontinuierlich weiterzubilden, um über die Jahre immer mehr Verantwortung bis in ein mittelständisches Bauunternehmen für Bauvorhaben/ Projekte, bundesweit und im europäischen Raum, zu erhalten.“
Auch die Baustelle der Umnutzung des alten Fernmeldeamts – vor über 100 Jahren das modernste in Europa – zu einem Gebäude der Universität Hamburg zeigte den Teilnehmer_innen die besonderen Herausforderungen des Bauens im Bestand. Die weitere Verdichtung eines bestehenden Campus wurde anhand zweier Projekte aus dem Objekt- bzw. Sonderbau in Augenschein genommen: Das neue Besucherzentrum des DESY-Forschungszentrums befand sich in der Finalisierung seiner Gebäudehülle, das universitäre Herzzentrum des UKE dagegen zeigte sich den Studenten in einem weit gediehenen Ausbauzustand.
Nachhaltige Lösungen für Bestandsbauten
Im Modul „Grundlagen des Planens und Bauens im Bestand“ hatten Studierende des Fachbereichs Architektur als auch der Abteilung Bauwesen im Verlauf des Sommersemesters die Möglichkeit, sowohl das Klimabauzentrum als auch die Bauteilbörse in Bremen zu besuchen. Für beide Gruppen waren die zu sehenden aktuellen Entwicklungen bezüglich Re-Use, Re-Cycling und anderer Möglichkeiten des ressourcen-, energie- und somit CO₂-sparenden Bauens eine Bereicherung. Ermöglicht wurde der Besuch der Studierenden durch die Kooperation mit dem Bau-Circle, einem über zwei Jahre laufenden Projekt vieler Baubeteiligter in der Metropolregion Nord-West.
Eine eher selten gewordene Bauaufgabe wird derzeit in Oldenburg realisiert: der Neubau eines Schwimmbads. Studierende besuchten die Baustelle am Flötenteich im Modul „Ausgewählte Themen der Baukonstruktion“ und trafen dort auf Kennis von Soosten, ebenfalls ein Absolvent der Jade Hochschule in bauleitender Funktion. „Die Theorie aus dem Studium und die eigentliche Berufswelt können sehr voneinander abweichen“, erklärt von Soosten. „Aufgrund dessen ist es ratsam, ein längerfristiges Praktikum zu machen oder als Werkstudent in einer Firma zu arbeiten, um Erfahrungen für den Einstieg in die Berufswelt zu sammeln.“
Praxispartner_innen liefern wertvolle Einblicke und Impulse
Nicht nur Exkursionen lieferten Einblicke in die Bau-Praxis, auch zahlreiche Gastvorträge gaben wertvolle Impulse. Architektin Maria Mevenkamp referierte am Studienort Oldenburg über Schäden im Hochbau und machte dabei die Bedeutung mangelfreier Konstruktionen sehr anschaulich und deutlich.
„Die vielfältigen Angebote des Praxisbezugs, insbesondere die Exkursionen, sind nur möglich durch die interne SQM-Förderung, aber vor allem die Bereitschaft der in der Praxis stehenden Unternehmen, Büros, Planer und Bauschaffenden, sich für die Studentinnen und Studenten Zeit zu nehmen“
, erklärt Reuther: „Ein großes Dankeschön deshalb an dieser Stelle an alle beteiligten Kooperationspartner_innen!“