Entwicklungen in der Schifffahrt schneller und effizienter testen
Jade Hochschule entwickelt mobile Evaluierungsplattform für Schiffsassistenzsysteme
Um neue Assistenzsysteme in der Schifffahrt schnell und effizient testen zu können, entwickelten Wissenschaftler der Jade Hochschule eine „Mobile Evaluierungsplattform für Schiffsassistenzsysteme (greenMEPS)“. Die Plattform kann an Bord eingebunden werden, um simulierte Daten einzuspeisen und die Reaktion des Systems virtuell abzubilden, wenn das Schiff während Hafen- oder Werftaufenthalten fest vertäut wurde.
Reale Entwicklungen virtuell testen
Die Wissenschaftler des Fachbereiches Seefahrt und Logistik nutzten unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Holger Korte die „Hardware in the Loop“ (HIL)-Methode - ein Verfahren, bei dem ein reales System, zum Beispiel ein elektronisches Steuergerät oder eine reale mechatronische Komponente an ein Gegenstück angeschlossen wird, das die reale Umgebung virtuell nachbildet. „Auf diese Art können neue Systeme umfangreich virtuell getestet und dann schneller eingesetzt werden“, sagt Korte. „So können wir einerseits einen Beitrag zur Effizienz und andererseits zur Sicherheit der Schifffahrt leisten. Zudem lassen sich virtuelle Testfahrten durchführen und so reale Schiffszeit und somit auch CO2-Emissionen einsparen.“
Anwendungsbeispiel
Als ein konkretes Anwendungsbeispiel erprobten die Wissenschaftler eine automatische Steuereinrichtung für Yachten der Größenordnung 20-50 Meter Länge mit hybridem Antrieb. Das entwickelte Test-System berücksichtigt in der Simulation die Umwelteinflüsse Seegang und Wind im Zusammenspiel mit der hohen Dynamik der Antriebsorgane. So können die Schiffsassistenzsysteme wahlweise real am regulären Prozess oder virtuell bei Hafen- und Werftliegezeiten erprobt werden.
Auch wurde die Plattform mit externem Regelungssystem zu Testzwecken in den Schiffsführungssimulator des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie eingebunden. So konnten die elektronischen Schnittstellen des Simulators erprobt und dabei das „Fremdschiff“ permanent automatisch gesteuert werden. Künftig könnte das System in vergleichbaren Fahrzeugen auch im Bereich der Offshore-Windindustrie, der nachhaltigen Fischerei und der Forschungsschifffahrt angewendet werden.
Bestandteile der Plattform
Das Gesamtsystem der Plattform setzt sich aus den Komponenten zur Umwelt- und Schiffsvisualisierung, einer mobilen Brücke, sowie Modulen zur Simulation der Umweltsituation und der Schiffsbewegung zusammen. „Weil im Kern des Systems eigene, echtzeitfähige Simulationsprogramme verwendet werden, sind wir frei von Beschränkungen kommerzieller Simulatorhersteller und können jeden notwendigen physikalischen Prozess mathematisch abbilden und in unser Testsystem einbeziehen“, erklärt Korte. „Das ist der eigentliche Clou des Projektes.“
Durch seine modulare Gestaltung können bedarfsweise Systemerweiterungen einbezogen werden, um dem Operateur, wie Kapitän, Steuermann oder Entwicklungsingenieur ein virtuelles Prozess-Abbild zu liefern. „Mit dem Simulationsmodul und der mobilen Brücke kann beispielsweise ein veränderter Auto-Pilot auf dem im Hafen liegenden Schiff in seiner vollen Funktionsweise erprobt werden“, sagt Projektmitarbeiter Oliver Köckritz.
Über das Forschungsprojekt
Das Forschungsprojekt „Mobile Evaluierungsplattform für Schiffsassistenzsysteme (greenMEPS)“ wurde durch den „Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung“ (EFRE) gefördert und wird als eine Komponente der Forschungssäule am Kompetenzzentrum „Green Shipping Niedersachsen“ (GSN) in Kooperation mit dem Maritimen Cluster Norddeutschland, der MARIKO GmbH und der Hochschule Emden/Leer durchgeführt.