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Für eine zukunftsweisende digitale Präsentation und Erforschung des kulturellen Erbes

2,7 Millionen Euro für Projekt von Universität, Jade Hochschule und Landesmuseum mit Partnern

Oldenburg. Wie lässt sich das sogenannte kulturelle Erbe der Menschheit – etwa historische Objekte und Dokumente in Museen und Archiven – auch mithilfe digitaler Technologien bewahren, unvoreingenommen deuten und noch breiter zugänglich machen? Diese Frage steht im Mittelpunkt eines neuen Forschungsverbunds unter Leitung von Prof. Dr. Dagmar Freist, Historikerin an der Universität Oldenburg, Prof. Dr. Thomas Luhmann, Jade Hochschule, und Dr. Ursula Warnke, Direktorin des Oldenburger Landesmuseums Natur und Mensch. Das Vorhaben „Digitalisierung, Visualisierung und Analyse von Sammlungsgut“ (DiViAS) wird im Programm „zukunft.niedersachsen“ von Land und VolkswagenStiftung in den kommenden drei Jahren mit zunächst 2,7 Millionen Euro gefördert. Es handelt sich um ein gemeinsames Projekt des Instituts für Geschichte der Universität und des dort koordinierten Akademienprojekts „Prize Papers“ mit dem Institut für Angewandte Photogrammetrie und Geoinformatik der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth sowie dem Landesmuseum. Weitere Partner sind das Institut für Kartographie und Geoinformatik der Leibniz Universität Hannover sowie die Bibliotheksverbundzentrale VZG in Göttingen, hinzu kommen assoziierte Forschende aus dem In- und Ausland.

„Wir betreten auch international Neuland, indem wir bislang kaum verknüpfte wissenschaftliche Methoden und Praktiken beim Digitalisieren, Erforschen und Repräsentieren von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten zusammenbringen wollen“, so DiViAS-Sprecherin Freist. Das Projekt verbinde systematisch die Expertise aus Museums-, Geschichts- und Kulturwissenschaften mit derjenigen aus Technik und Informatik – etwa in puncto Künstliche Intelligenz (KI), Datenanalyse, Geoinformatik und dreidimensionaler Messtechnik. So wollen die Partner neue digital gestützte Verfahren zum Erfassen und Analysieren von Sammlungsgut entwickeln, innovativ miteinander verbinden und in Form eines digitalen „Werkzeugkastens“ künftig auch für andere kulturelle und wissenschaftliche Einrichtungen verfügbar machen. Der Verbund DiViAS sei „ein Meilenstein für das digitalisierte Kulturerbe“, betont der stellvertretende Sprecher Luhmann von der Jade Hochschule. „Das aufgebaute Knowhow wird langfristig nutzbar sein und wirken – in Niedersachsen und darüber hinaus.“

Den Ausgangspunkt des Projekts bilden die großen Sammlungen und archivalischen Überlieferungen des Landesmuseums einerseits und andererseits der „Prize Papers“ im Londoner Nationalarchiv, die im Mittelpunkt des gleichnamigen Langzeitprojekts unter Freists Leitung stehen. Beide Bestände entstanden im Kontext von europäischer Expansion und Kolonialismus; hier soll der Verbund DiViAS einen Beitrag zur Provenienzforschung leisten, also der kolonialen Herkunft von Sammlungsgütern auf den Grund gehen. „Wegweisend ist nicht nur die fachübergreifende Kooperation, sondern auch die Zusammenarbeit mit Forschenden aus den Herkunftsgesellschaften – etwa Historikerinnen der Nelson Mandela University in Gqeberha, Südafrika, unserer langjährigen Partneruniversität“, ergänzt Sprecherin Freist. „So macht der Forschungsverbund die Digitalisierung mit ihren Strategien und Technologien im Sinne einer Critical Digital Heritage selbst zum Thema und begreift diese als Prozess einer digitalen Sammlungstransformation.“ Weitere assoziierte Forschende sind tätig am Canadian Museum of History in Ottawa (Kanada), der Université de Dschang (Kamerun) sowie der Universität Lüneburg. Auch Medienwissenschaftler Prof. Dr. Sebastian Vehlken, der an der Universität Oldenburg und am Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven forscht, ist beteiligt.

Den Kern des Projekts bilden zwei miteinander verschränkte Fallstudien. Eine davon soll die „Bewegung in Raum und Zeit“ von historischen Gegenständen nachvollziehen und digital abbilden, und zwar zunächst anhand von Schiffsrouten, die sich in London archivierten Logbüchern entnehmen lassen. Die andere Fallstudie befasst sich mit der „Materialität in Raum und Zeit“, also besonderen Eigenschaften, der Herkunft und Entwicklung des Zustands von historischen Objekten etwa aus dem Landesmuseum Natur und Mensch. Dessen Direktorin Warnke, ebenfalls stellvertretende DiViAS-Sprecherin, wertet das Verbundprojekt als „die Gelegenheit“, die Sammlungen des Museums noch eingehender zu erforschen. „Die Studien sollen als Grundlage dienen, um das bisherige Wissen über und die bisherige Deutung von Sammlungsgütern zu analysieren und kritisch zu reflektieren“, so Warnke. Zugleich zielen die Studien darauf ab, Methoden und Technologien der Datenerfassung zu verfeinern.

Aus dem Forschungsverbund sollen – neben den Werkzeugen für eine zukunftsweisende Digitalisierung des kulturellen Erbes – unter anderem auch Konzepte für interaktive Ausstellungen sowie für Citizen Science Projekte hervorgehen, also Projekte, die Bürger*innen an der Forschung beteiligen.

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