Klimaziele durch Umrüstung erreichen
Bachelorarbeit untersucht technische Machbarkeit der Nutzung von CO₂-reduzierten Antrieben in der Binnenschifffahrt
Elsfleth. Die EU-Kommission hat das Ziel gesetzt, in Europa die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau von 1990 zu verringern und bis 2050 klimaneutral zu werden. Tim Lewalter hat in seiner Bachelorarbeit an der Jade Hochschule Möglichkeiten aufgezeigt, um den Kohlenstoffdioxidausstoß von Binnenschiffen zu reduzieren.
Neue Regelungen fördern das Umdenken
„Mehr als 99 Prozent aller Binnenschiffe auf europäischen Flüssen werden mit Dieselaggregaten betrieben. Bis 2016 gab es wenig bis nahezu keine Reglementierung der umweltschädlichen Abgase. Mit der Einführung einer neuen Emissionsbegrenzung im Jahr 2016 werden nun auch Binnenschiffe mehr gefordert, den Ausstoß der Emissionen anzupassen“, begründet Lewalter seine Arbeit.
Der 33-jährige unterteilte in seiner Untersuchung die Möglichkeiten der Energieversorgung von Schiffen in drei Kategorien: Diesel-, Akku- und Flüssiggasantrieb. Diese verglich er mittels einer CO₂-Berechnung miteinander. Des Weiteren hat Lewalter akkubetriebene Elektroantriebe, Liquified Natural Gas (LNG), wasserstoffbetriebene sowie ammoniakbetriebene Brennstoffzellen als alternative Energieträger gegenüber dem Dieselantrieb aufgezeigt und verglichen.
Alternativen abwägen
Lewalter analysierte die Vor- und Nachteile der alternativen Energieträger unter Betrachtung von technischen und wirtschaftlichen Aspekten. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Umrüstung auf CO₂-reduzierte Antriebe aufgrund des begrenzten Platzangebots auf den Schiffen in der Umsetzung schwierig gestaltet. Außerdem hemmen die hohen Investitionskosten das Umrüstungsvorhaben. Der Absolvent des Studiengangs Schiffs- und Hafenbetrieb ist sich jedoch sicher: „Die Energiewende und der Ausstieg aus dem CO₂ bieten Möglichkeiten für hohe Unterstützung seitens des Staates.“
Lewalter kommt bei seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass der Akkubetrieb eine Möglichkeit ist, um Schiffe, welche kurze Fahrwege haben, nachhaltiger zu gestalten. Mit Liquified Natural Gas können Schiffe hingegen gut im Normalbetrieb operieren. Dabei ist LNG offiziell als Treibstoff in der Binnenschifffahrt zugelassen und erste Umrüstungen auf diesen Energieträger sind bereits erfolgt. Die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle bietet ebenfalls die Möglichkeit, Schiffe im Normalbetrieb einzusetzen. Bei einer geringen Abnahme ist Wasserstoff jedoch nicht wirtschaftlich. Die Lagerung des -273 Grad Celsius kalten Treibstoffs birgt Herausforderungen. Zudem ist die Lebensdauer einer Brennstoffzelle nicht lang. Ammoniak bietet mit seinen Lagereigenschaften Vorteile gegenüber Wasserstoff. „Die problemlosere Lagerung sowie die bereits vorhandene Infrastruktur seitens der Chemieindustrie machen diesen Treibstoff zu einer interessanten Alternative“, meint der junge Ingenieur.
„Unter den aktuellen Gesichtspunkten ist eine nachhaltige Schifffahrt nur mit einer Brennstoffzelle möglich“, resümiert Lewalter. Die Binnenschifffahrt steht dabei vor ähnlichen Herausforderungen wie andere Verkehrsmittel beim Einsatz dieser Technologie. Lewalter schlussfolgert: „Langfristig muss der Umgang mit Energieträgern wie Wasserstoff oder Ammoniak in den Alltag einfließen. Steigt die Nachfrage nach Brennstoffzellen sowie nach deren Energieträgern nimmt auch die Forschung in diesem Bereich zu. Der unkomplizierte und sichere Umgang macht den Energieträger effizienter und wirtschaftlicher.“
Zur Person
Der 33-jährige Tim Lewalter kommt gebürtig aus Lorch am Rhein, Hessen. Zurzeit wohnt er in Österreich. Nach seinem Hauptschulabschluss 2004 absolvierte er eine Ausbildung als Binnenschiffer und erhielt 2010 sein Patent als Schiffsführer am Rhein. Nach einer Profikarriere als Wasserskisportler, die er aus gesundheitlichen Gründen beenden musste, holte er sein Fachabitur nach und nahm 2018 das Studium an der Jade Hochschule auf, das er erfolgreich als erster Absolvent des Studiengangs Schiffs- und Hafenbetrieb berufsbegleitend beendete.
Die Jade Hochschule mit ihren drei Studienorten im Nordwesten Deutschlands sieht sich in der Verantwortung für die Entwicklung der Region, in der sie stark verwurzelt ist. Hier trifft ein breites und modernes Fächerangebot auf innovative Formen der Lehre. Die Forschungstätigkeiten der Jade Hochschule zeichnen sich durch einen hohen Praxisbezug aus, die in Kooperation mit Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden.