Mit Anbau von Rohrkolben gegen die Klimakrise
Forschungsprojekt schafft Modellregionen an Niedermoorstandorten
Oldenburg. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) setzt beim Kampf gegen die Klimakrise verstärkt auf wiedervernässte Moore. Dafür werden seit diesem Jahr mit einem neuen Programm innovative Modell- und Demonstrationsvorhaben gefördert, die den Klimaschutz durch Moorboden-Wiedervernässung voranbringen. Das Vorhaben „Nachhaltige Erzeugung und Verwertung von Rohrkolben auf Niedermoorstandorten in Niedersachsen (RoNNi)“ mit seinen insgesamt zwölf Teilprojekten erhält dafür rund elf Millionen Euro. Der Anteil der Jade Hochschule liegt bei rund einer Million Euro. Projektträger ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. Finanziert wird das Projekt durch das BMEL aus dem Sondervermögen Klima- und Transformationsfond.
Bundesminister Cem Özdemir weiß um die Wichtigkeit der Moore als Klimaschützer und betonte die Bedeutung für die Kohlenstoffbindung. Mit Projekten wir RoNNi sorge man dafür, Einkommensalternativen auf wiedervernässten Moorstandorten zu erschließen. Praxistauglicher Moorschutz sei wichtig, damit den Höfen ermöglicht wird, Schützen und Nutzen erfolgreich zusammen zu bringen.
Ziel des Modell- und Demonstrationsvorhabens RoNNI ist die Transformation der Bewirtschaftung von entwässerten, landwirtschaftlich genutzten Niedermoorböden hin zu einer klimaschonenden, moorbodenkonservierenden Nassbewirtschaftung durch den Anbau von Rohrkolben. Hierzu soll in zwei Modellregionen mit unterschiedlicher landwirtschaftlicher Struktur im Emsland und in Cuxhaven die großflächige, qualitätsoptimierte Erzeugung von Rohrkolben (Typha angustifolia und Typha latifolia) und die Verwertung der Biomasse als Baustoff und als Gartenbausubstrat (Torfersatz) entwickelt, demonstriert und für die Vermarktung vorbereitet werden. Regionalkonzepte sollen die großflächige Umstellung der Bewirtschaftungsweise hin zu einer torferhaltenden, nassen Nutzung befördern und demonstrieren. Hierbei gilt es, die Chancen, aber auch Risiken und Grenzen der Nassflächenbewirtschaftung aufzuzeigen. Die Erstellung eines gebietsbezogenen Wassermanagements und die Ermittlung der regionalen Flächenpotentiale sind hierbei wichtige Bausteine.
Das Modell- und Demonstrationsvorhaben wird vom 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V. in Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Hochschule Osnabrück, der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, dem Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, der Klasmann-Deilmann GmbH, der Naturschutzstiftung des Landkreises Cuxhaven, der Stadt Geestland, der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe und dem Johann Heinrich von Thünen-Institut – Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei durchgeführt.
Prof. Dr. Heinrich Wigger, Leiter des Instituts für Materialprüfung an der Jade Hochschule, befasst sich mit der Verwertung und Vermarktung, mit Modell- und Demonstrationsobjekten und der Weiterbildung. Im Fokus stehen mechanische und bauphysikalische Eigenschaften der Baustoffe. Diese werden in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP), Fraunhofer-Institut für Holzforschung (WKI) und Institut für Design Strategien (IDS) durchgeführt. Weiterhin liegt ein Schwerpunkt in der messtechnischen Erfassung von Temperaturen und Materialfeuchten.
Ein Schwerpunkt des Projektes ist die Weiterentwicklung und vor allem die Anwendung unterschiedlicher Produkte aus Typha. Es sind viele Institutionen, wie Wissenschaftler_innen, Planer_innen und Handwerksbetriebe eingebunden. Die Jade Hochschule übernimmt in Zusammenarbeit mit 3N, die mit der Gesamtkoordination beauftragt ist, die Koordination aller Beteiligten aus dem Bereich des Bauwesens.
Ebenfalls soll an der Jade Hochschule ein Institutsgebäude aufgestockt werden. Vorgesehen ist ein Holzständerwerk mit Wärmedämmung aus unterschiedlichen Typha-Produkten im Vergleich zu heutigen Wärmedämmungen, um die erhobenen Daten zu vergleichen. Es ist vorgesehen, dass alle Konstruktionselemente, wie etwa das Holz oder die Wärmedämmung, so zu verbauen, dass diese sichtbar sind und bei Weiterbildungsmaßnahmen, Vorlesungen oder Praktika gezeigt werden können.
„Für die Hochschule ist es vom besonderen Interesse, die Entwicklung neuer ökologischer Baustoffe direkt den jungen Architekten und Bauingenieuren – also den Bauschaffenden – zeigen zu können. Da bereits ein intensiver Kontakt mit der Handwerkskammer Oldenburg und Aurich aus anderen Projekten vorliegt, ist vorgesehen, diese für die Aus- und Weiterbildung mit einzubeziehen.“
Prof. Dr. Heinrich Wigger
Die Jade Hochschule mit ihren drei Studienorten im Nordwesten Deutschlands sieht sich in der Verantwortung für die Entwicklung der Region, in der sie stark verwurzelt ist. Hier trifft ein breites und modernes Fächerangebot auf innovative Formen der Lehre. Die Forschungstätigkeiten der Jade Hochschule zeichnen sich durch einen hohen Praxisbezug aus, die in Kooperation mit Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden.