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Wie KI die Museen von morgen gestaltet

Niedersächsisches Forschungsprojekt will Kulturgüter digital neu erschließen

Oldenburg. Museen bewahren nicht nur wertvolle Objekte, sie sind auch Orte des Wissens. Doch ein Großteil dieses Wissens bleibt bislang im Verborgenen: Viele Sammlungen sind nur unvollständig dokumentiert, Herkunftsgeschichten sind schwer nachzuvollziehen und die vorhandenen Daten sind häufig nicht miteinander verknüpft. Ein neues Forschungsprojekt will das nun ändern. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) soll die Erschließung, Analyse und Präsentation von Museumsdaten entscheidend vorangebracht werden.

Gefördert wird das Vorhaben „KI in Museen“ mit rund 2,25 Millionen Euro vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und von der VolkswagenStiftung zunächst für zwei Jahre. Die Jade Hochschule forscht zusammen mit der Verbundzentrale des GBV, der Universität Göttingen, der Leuphana Universität Lüneburg und der Technischen Informationsbibliothek daran, wie Museumsdaten mithilfe von KI erschlossen werden können. „Das Projekt markiert einen weiteren Schritt in der digitalen Transformation von Kulturgütern“, erklärt Verbundkoordinator Prof. Dr. Sascha Koch von der Jade Hochschule. Ziel sei es, Museumsobjekte für die Forschung und die breite Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen.

Mit dem neuen Forschungsprojekt positioniert sich das Land Niedersachsen als Vorreiter, um neue Standards für den Umgang mit digitalen Kulturdaten zu setzen. „Dieses Projekt stärkt die digitale Zukunft unserer Museen. Künstliche Intelligenz, systematisches Datenmanagement und gezielte Provenienzforschung eröffnen neue Möglichkeiten, Werke besser einzuordnen, die wissenschaftliche Recherche effizienter zu gestalten und verborgene Zusammenhänge sichtbar zu machen. So entstehen neue Impulse für die Forschung und ein tieferes Verständnis unserer Kulturgeschichte. All das unterstützen wir mit großer Überzeugung“, sagt Falko Mohrs, Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur. Für Besucherinnen und Besucher könnte das künftig ganz konkrete Folgen haben: digitale Kataloge, die nicht nur eine Liste von Objekten zeigen, sondern deren Geschichten gleich mitliefern. Ausstellungen, die Hintergrundinformationen auf Knopfdruck liefern oder Forschungsportale, die Sammlungen aus verschiedenen Museen miteinander vernetzen.

Vier Arbeitspakete – vier Perspektiven

Das Forschungsprojekt gliedert sich in vier Arbeitspakete, die jeweils unterschiedliche Herausforderungen im Museumsbereich aufgreifen:

  1. Provenienzforschung: Hier steht die Herkunft von Museumsobjekten im Mittelpunkt. Die Provenienzforschung untersucht zum Beispiel, ob Exponate während der NS-Zeit oder in kolonialen Kontexten geraubt oder auf unethische Weise entzogen wurden. Künstliche Intelligenz unterstützt dabei, indem sie große Datenmengen erschließt und intelligent durchsuchbar macht. So lassen sich Verdachtsmomente oder Wissenslücken systematisch erkennen. Dabei prüfen Provenienzexpert_innen die Ergebnisse auf historische Korrektheit und sind im Prozess der Datentransformation und -auswertung unverzichtbar.
  2. Digitale Erschließung: Einige Sammlungen wurden bislang nur in kleinen Teilen durch intensiven manuellen Aufwand erfasst. In diesem Arbeitspaket sollen aktuelle KI-Methoden genutzt werden, um Bilder und Artefakte automatisch zu kategorisieren und zu beschreiben. Kombiniert mit effizienten Such- und Visualisierungsmethoden ermöglichen diese Ansätze Fachleuten eine schnelle Überprüfung und Validierung der Vorschläge. Dies ermöglicht eine systematische Erschließung großer Bestände und verbessert die Durchsuchbarkeit und Exploration von Museumsdaten.
  3. Anreicherung von Metadaten: In einer Pilotphase konzentrieren sich die Forschenden auf antike Skulpturen. Texte aus der Archäologie und historische Grabungsberichte werden automatisch ausgewertet, sodass die Objekte zusätzliche Informationen erhalten, beispielsweise über Fundorte oder historische Bezüge. Diese Daten werden anschließend in digitale Systeme eingespeist und sind damit leichter nutzbar.
  4. Betriebsmodelle für die Praxis: Langfristig sollen die neuen Werkzeuge nicht im Labor bleiben, sondern ihren Weg in den Museumsalltag finden. Dazu braucht es tragfähige Konzepte für Technik und Organisation. Getestet wird dies unter anderem auf der KI-Plattform CoSAIR der Jade Hochschule.

Wissen sichtbar machen

Prof. Dr. Sascha Koch (Foto: Jade HS/Maike Arnold)

„Museen sind nicht nur als Bewahrer physischer Objekte zu verstehen, sondern sie sind auch Erzeuger und Speicher von Wissen“, betont Koch. „Unser Ziel ist es, dieses Wissen mit KI-Methoden sichtbar zu machen und für künftige Generationen erlebbar zu halten. Künstliche Intelligenz ist kein Selbstzweck. Sie ist in diesem Projekt ein Werkzeug, das uns hilft, die Vielfalt unseres kulturellen Erbes besser zu verstehen und dieses Wissen auf eine neue Art zu teilen.“

Das sagen die Wissenschaftler_innen

„Provenienzforschung lebt von der systematischen Auswertung verstreuter Quellen. Künstliche Intelligenz kann uns dabei helfen, große Datenmengen schneller und intelligenter zu durchsuchen, um Zusammenhänge über Institutionen und Ländergrenzen hinweg zu erkennen und unrechtmäßig erworbene Kulturgüter leichter zu identifizieren.“

Prof. Dr. Lynn Rother (Leuphana Universität Lüneburg)

 

(Foto: brinkhoff/mögenburg)
(Foto: TIB/Euromediahouse Fotocentrum GmbH, Hannover)

„Die Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz, insbesondere bei Bild- und Sprachmodellen, revolutionieren auch die digitale Erschließung von Bildsammlungen. Durch die Kombination von KI-basierten Kategorisierungs- und Beschreibungsverfahren mit effizienten Such- und Visualisierungsmethoden ermöglichen wir eine systematische Exploration von Abbildungen musealer Objekte. Dies schafft nicht nur Zugang zu bisher unerschlossenen Sammlungen, sondern macht das kulturelle Erbe für Forschende und breite Bevölkerungsgruppen sichtbar.“

Prof. Dr. Ralph Ewerth (Technische Informationsbibliothek)

 

„Künstliche Intelligenz wird Museen grundlegend verändern, indem sie den Zugang erleichtert und ihre Sammlungen verständlicher und besser zugänglich macht. Durch den gezielten Einsatz großer Sprachmodelle und maschinellen Lernens lassen sich selbst komplexe Zusammenhänge in historischen Texten oder Grabungsberichten automatisch erfassen und mit Objekten verknüpfen. So entstehen neue Möglichkeiten für die Forschung – und zugleich wird historisches Wissen sichtbar, das bisher im Verborgenen lag.“

Prof. Dr. Bela Gipp (Universität Göttingen

 

(Foto: Universität Göttingen)
(Foto: Sebastian Kassner, FotoStube Hornig)

„Die Ergebnisse des Projektes werden einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Bereitstellung und Publikation bisher unerschlossener Bestände in den niedersächsischen Museen und Sammlungen leisten. So können in kommenden Jahren umfangreiche neue Erkenntnisse für Forschung und Lehre, aber auch für die interessierte Öffentlichkeit bereitgestellt werden.“

Frank Dührkohp (Verbundzentrale des GBV)

 

Ansprechpartnerin in der Redaktion

How AI is shaping the museums of the future

Lower Saxony research project seeks to digitally exploit cultural assets for the first time

Oldenburg. Museums are more than just the custodians of valuable objects, they are also places of knowledge. However, thus far the majority of this knowledge has remained hidden: many collections are not fully documented, origin stories are hard to trace, and the data available is often not interlinked. A new research project is now seeking to change this. It will be using artificial intelligence (AI) to make significant progress in exploiting, analysing and presenting museum data.

The ‘AI in museums’ project has received around 2.25 million euros of funding from the Lower Saxony Ministry of Science and Culture and the Volkswagen Foundation, initially for a period of two years. The Jade University of Applied Sciences has joined forces with the GBV Common Library Network Head Office, the University of Göttingen, Leuphana University of Lüneburg and the TIB Leibniz Information Centre to research how museum data could be exploited using AI. ‘The project marks another step forward in the digital transformation of cultural assets’, project coordinator Prof. Sascha Koch at the Jade University of Applied Sciences explained. The aim is to make museum objects more accessible to research and the general public.

With this new research project, the state of Lower Saxony is positioning itself as a pioneer, setting new standards for handling digital cultural assets. ‘This project bolsters the digital future of our museums. Artificial intelligence, systematic data management and targeted provenance research are opening up new opportunities for improving the classification of objects, shaping scientific research more effectively, and showcasing hidden connections. This creates new momentum for research and a deeper understanding of our cultural history. We wholeheartedly support all of this’, said Falko Mohrs, Lower Saxony’s Minister of Science and Culture. In terms of specific future impact for visitors, this could mean digital catalogues that supply not just a list of objects but also detail their histories, exhibitions that provide background information at the touch of a button, or research portals that link up collections from different museums.

Four areas of work – four perspectives

The research project is split into four areas, each tackling different challenges facing the museum sector:

  1. Provenance research: this focuses on the origins of museum objects. For example, provenance research examines whether exhibits were looted or otherwise unethically obtained during the Nazi era or in colonial contexts. Artificial intelligence helps with this by indexing large volumes of data and making it intelligently searchable, ensuring that suspicions or knowledge gaps can be systematically identified. Provenance experts review the results for historical accuracy and are a vital part of the data transformation and evaluation process.
  2. Digital availability: to date, only very small proportions of some collections have been recorded, requiring huge amounts of manual work. This area of work aims to use modern AI methods to automatically categorise and describe images and artefacts. Combined with efficient search and visualisation methods, these approaches will enable specialists to rapidly review and verify the suggestions. This allows large collections to be systematically indexed and improves the searchability and exploration of museum data.
  3. Enhancing metadata: in a pilot phase, the researchers are focusing on ancient sculpture. Archaeological texts and historic excavation reports will be automatically evaluated to provide the objects with additional information such as discovery sites or historical references. This data will then be stored in digital systems, making subsequent use much easier.
  4. Operating models for practical use: in the long term, these new tools should not remain preserved in a laboratory, but instead should be incorporated into everyday operations at museums. This requires viable concepts for technology and organisation. This will be tested in various areas, including Jade University of Applied Sciences’ AI platform CoSAIR.

Making knowledge visible

Prof. Dr. Sascha Koch (Foto: Jade HS/Maike Arnold)

‘Museums should not be viewed solely as custodians of physical objects – they are also generators and repositories of knowledge’, Koch emphasised. ‘Our aim is to use AI methods to make this knowledge visible and keep it alive for future generations. Artificial intelligence is not an end in itself. In this project, it is a tool helping us gain a better understanding of our cultural heritage and share this knowledge in new ways.’

What the researchers have to say

‘Provenance research is built on the systematic evaluation of scattered sources. Artificial intelligence can help us search through large amounts of data more quickly and intelligently, spot connections that go beyond individual institutions and across national borders, and more easily identify cultural assets that were acquired illegally.’

Prof. Lynn Rother (Leuphana University of Lüneburg)

(photo: brinkhoff/mögenburg)
(photo: TIB/Euromediahouse Fotocentrum GmbH, Hannover)

‘Advances in artificial intelligence, especially image and language models, are also revolutionising the digital exploitation of image collections. By combining AI-based categorisation and description processes with efficient search and visualisation methods, we are enabling depictions of museum objects to be systematically explored. As well as providing access to previously unexploited collections, this also makes cultural heritage visible to researchers and broad sections of the population.’

Prof. Ralph Ewerth (TIB Leibniz Information Centre)

 

‘Artificial intelligence will have a fundamental impact on museums by facilitating access and making their collections more accessible and easier to understand. The targeted use of large language models and machine learning enables even complex connections in historic texts or excavation reports to be recorded and linked up with the relevant objects. This creates new opportunities for research – as well as showcasing historic knowledge that has previously remained hidden.’

Prof. Bela Gipp (University of Göttingen)

 

(photo: Universität Göttingen)
(photo: Sebastian Kassner, FotoStube Hornig)

‘The results of this project will play a major role in the academic provision and publication of previously unexploited holdings in the museums and collections of Lower Saxony. This means that in the coming years, extensive new knowledge will be made available to research and teaching, as well as to interested members of the public.’

Frank Dührkohp (GBV Head Office)

Ansprechpartnerin in der Redaktion


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Die Jade Hochschule mit ihren drei Studienorten im Nordwesten Deutschlands sieht sich in der Verantwortung für die Entwicklung der Region, in der sie stark verwurzelt ist. Hier trifft ein breites und modernes Fächerangebot auf innovative Formen der Lehre. Die Forschungstätigkeiten der Jade Hochschule zeichnen sich durch einen hohen Praxisbezug aus, die in Kooperation mit Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchgeführt werden.