Klimaziele in der Nordseeregion durch nachhaltiges Wohnen erreichen
Wie die Klimaziele der Europäischen Union durch die energetische Sanierung von 22 Millionen Häusern in der Nordseeregion erreicht werden können, ist das Thema des aktuellen Forschungsprojektes INDU-ZERO der Jade Hochschule.
Anfang Juli kamen 40 Projektpartner_innen aus den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Schweden, Norwegen und Deutschland auf dem Elsflether Campus der Jade Hochschule zusammen, um Vorschläge zu erarbeiten, wie die derzeit hohen Kosten der energetischen Sanierung von bestehenden Wohngebäuden gesenkt werden könnten.
Kosten für die energetische Sanierung von Häusern senken
„Wohnungsgesellschaften stehen vor der Herausforderung, ihren Bestand energetisch zu sanieren. Die Kosten hierfür können aber nur in sehr geringem Maße auf die Mieter umgelegt werden: 92 Prozent müssen die Gesellschaften selber tragen“, erklärt Gastgeberin Dr. Kerstin Lange, Professorin für Transportwirtschaft und Projektlogistik an der Jade Hochschule. Das Interesse von Wohnungsbaugesellschaften an kostengünstigen Sanierungsmöglichkeiten sei demnach groß.
Durch eine automatisierte Fertigung von Hausisolierungselementen und höhere Fertigungszahlen könnten die Kosten für die Sanierung gesenkt werden. So ist das Ziel des Forschungsprojektes, ein Standard-Sanierungspaket zu realisieren, das mit minimalen Veränderungen pro Land angewendet werden kann. Nachhaltige Lösungen zur Energiegewinnung und zur Steigerung des Wohnkomforts, wie beispielweise Sonnenkollektoren oder Wärmepumpen, sollen integriert werden.
„Das Sanierungspaket könnte wie eine Jacke über dem Haus platziert werden.“
Prof. Dr. Kerstin Lange
Die Produktion der Elemente ist in den gängigen Produktionsanlagen zu so hohen Stückzahlen jedoch noch nicht möglich - hierfür soll eigens eine Fabrik entworfen werden.
Aufgabe der Jade Hochschule ist es, logistische Konzepte zu entwickeln und auf ihre Machbarkeit zu prüfen. „Der Entwurf einer innovativen Fabrik stellt die Logistik vor große Herausforderungen“, erklärt Lange. „Nicht nur auf der Seite der Zulieferlogistik sind Konzepte für die eingehenden Transport- und Materialströme zu entwickeln. Auch auf der Seite der Outbound-Logistik müssen neue Lösungen gefunden werden.“
Herausforderung Artenschutz im Sanierungsprozess
Die internationalen Projekt-Partner informierten sich während des Treffens bei der Wohnungsbaugesellschaft Gewoba unter anderem über eine landesspezifische Herausforderung der energetischen Sanierung von Häusern in Deutschland: den Artenschutz.
„Gerade an älteren Bestandshäusern sind im Laufe der Jahrzehnte an und in den Gebäuden Brutstätten von Vögeln entstanden“, sagt Lars Gomolka, Leiter der Bestandstechnik bei Gewoba. Im deutschen Bundesnaturschutzgesetz ist festgehalten, dass unvermeidbare Eingriffe in die Natur durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden müssen. So müssen die Brutstätten durch Nistplätze oder Nistbauhilfen an den Fundorten ersetzt werden. „Diese Erkenntnis ist für unser Projekt sehr wichtig“, erklärt Lange. „Denn wir müssen in unsere Isolierungsmodule für Fassaden nun die Nistplätze integrieren. Das hatten wir bisher noch nicht berücksichtigt, denn in anderen europäischen Ländern bestehen diese Anforderungen nicht.“
Ein weiteres landesspezifisches Problem ist die erforderliche „Spechtsicherheit“ der Fassaden. Spechte ernähren sich von Insekten und Kleintieren, die in altem Holz leben – und hacken hierfür Löcher auch in die Holzfassaden von Häusern. So kann Regenwasser eindringen und zu erheblichen Schädigungen der Dämmung führen. „Allein für die Schließung dieser Löcher, ohne Beseitigung weiterführender Schäden, schlagen bei uns jährlich Kosten in sechsstelligem Bereich zu Buche“, erklärt Gomolka. Für diese Herausforderung haben die niederländischen Projektpartner bereits eine Lösung - basierend auf einer härteren Oberfläche - gefunden.
Das Projekt INDU-ZERO wird von dem europäischen Programm Interreg NSR (Nordseeregion) über drei Jahre gefördert. Die Partnerinstitutionen aus den sechs Nordseeanrainerstaaten Niederlande, Belgien, Großbritannien, Schweden, Norwegen und Deutschland stammen aus dem Bildungssektor, dem Bausektor, Wohnungsunternehmen, Industrie und Behörden.
Weitere Informationen: www.northsearegion.eu/indu-zero
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