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Millionenförderung für Wärmewende im Nordwesten Deutschlands

Jade Hochschule entwirft digitalisierten Experimentalcampus Bauphysik

Wärmewende Nordwest (Quelle: OFFIS e.V.)
Wärmewende Nordwest (Quelle: OFFIS e.V.)

Wie eine Wärmewende im Nordwesten zum Erreichen der Klimaziele der Bundesregierung beitragen kann, ist Thema des jetzt gestarteten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojektes „Wärmewende Nordwest“ von der Jade Hochschule und 20 weiteren Partnern aus der Region. „Die Energiewende ist in den letzten Jahren enorm vorangeschritten, allerdings stand hierbei der Einsatz von erneuerbaren Energien im Stromsektor mehr im Fokus“, sagt Prof. Dr. Sascha Koch, der ein Teilprojekt an der Jade Hochschule leitet. „Die Raumwärme, die Prozesswärme und das Warmwasser machen in Deutschland ungefähr die Hälfte des Energieverbrauchs aus, daher untersuchen wir in unserem Projekt verstärkt den Wärmesektor“. So müsse der Wärmeverbrauch insgesamt reduziert werden, wobei die Sanierung von Gebäuden und deren Digitalisierung eine zentrale Rolle spielen würden.

Der Klimaschutzplan der Bundesregierung strebt einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 an. „Um dieses Ziel erreichen zu können, werden Strategien zur Gebäudesanierung im Bestand sowie anspruchsvolle Standards für Neubauten benötigt. Zudem müssen auf fossilen Energiequellen basierende Heizungssysteme ersetzt oder bei Neubauten generell vermieden werden“, sagt der Experte.

Digitalisierter Experimentalcampus Bauphysik (DigExBau)

Um ein mögliches Energie-Einsparpotential zu identifizieren und die Veränderungen, die energetische Sanierungen auf die Bauphysik von Gebäuden haben, zu untersuchen, entwirft die Jade Hochschule in ihrem Teilprojekt einen digitalisierten Experimentalcampus Bauphysik (DigExBau). „Gebäude müssen einerseits besser gedämmt und andererseits besser gelüftet werden um Wärmeverluste zu reduzieren“, erklärt Prof. Dr. Jan Middelberg, Leiter des Physiklabors an der Jade Hochschule. Die Lüftung von Gebäuden stünde jedoch - trotz der Möglichkeit der Wärmerückgewinnung - im Konflikt mit energetischen Sanierungen bzw. Energieeffizienz. „Die Digitalisierung von Gebäuden kann helfen, diesen Konflikt zu lösen, sodass einerseits die Luftströme optimiert und ein Mindestluftwechsel ermöglicht und andererseits die Energieeffizienz von Gebäuden verbessert wird“, so der Bauphysiker.

Selbstlernendes System soll Lüften und Heizen steuern

Vor diesem Hintergrund statten die Wissenschaftler der Jade Hochschule drei Gebäude mit einer umfassenden Sensorik aus und überwachen sie bis 2025. Die Digitalisierung der Gebäude geht über eine klassische Smart-Home-Lösung deutlich hinaus, da relevante Bauteile wie zum Beispiel die Wände, das Dach und einzelne Räume jeweils mit mehreren Messpunkten versehen werden. Alle Messdaten werden dauerhaft und detailliert in einem zentralen „Datentopf“ („Building Data Lake“) gesammelt. Daraus werden Ergebnisse abgeleitet („Building Data Stories“), wie zum Beispiel Temperaturverläufe in der Wand oder die Luftfeuchtigkeit in Abhängigkeit von der Witterung oder Lüftung. „Wir werden die Wärmekonzepte aus den Perspektiven der unterschiedlichen Gewerke in einem 3D-Modell abbilden und die Building Data Stories darin einbinden“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sebastian Rohjans, der die Querschnittaktivität „Transfer und Innovation, Qualifikation und Ausbildung“ seitens der Jade Hochschule leitet. Im „Digital Engineering Labor“ der Jade Hochschule wird das Modell für Fachkräfte und Studierende erlebbar sein.

„Mit dem Building Data Lake wird zudem ein digitaler Hausmeister trainiert“, erklärt Koch. „Dieses selbstlernende System soll Aktivitäten wie Lüften, Heizen, Verschatten und Beleuchten im Gebäude in Hinblick auf die Energieeffizienz und auf bauphysikalischer Randbedingungen automatisiert steuern.“ Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz könne die technische Gebäudeausrüstung auf diese Art einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende leisten.

In einem weiteren Schritt werden weitere externe Datenquellen einbezogen, um eine Wärmeleitplanung zu ermöglichen. Dabei werden Stadtteile und Quartiere im Nordwesten aus der „Vogelperspektive“ betrachtet, mit dem Ziel, die möglichen Wärmeversorgungsoptionen in einem Planungsgebiet möglichst optimal zu verteilen.

Über das Projekt

Mit dem Forschungsprojekt „Wärmewende Nordwest“, das von dem Oldenburger Informatikinstitut OFFIS koordiniert und im Konsortium mit 21 Partnern durchgeführt wird, soll die Digitalisierung der Wärmewende im Nordwesten praktisch erforscht und digitale Konzepte in den Wärmesektor integriert werden.

Das Projekt wird mit insgesamt 16 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bis November 2025 gefördert. Weitere drei Millionen Euro werden von den Partnern aus der Wirtschaft beigesteuert.

Ansprechpartnerin in der Redaktion

  • Katrin Keller
    Katrin Keller

    katrin.keller@jade-hs.de