| Presse und Image-Marketing

Wenn das Seeschiff neben Arbeitsplatz und Lebensraum auch zum Lernraum wird

Nicolas Nause schließt Promotion erfolgreich ab

Oldenburg.Elsfleth. Nicolas Nause hat jetzt seine Promotion mit dem Thema „Arbeiten, Leben und Lernen an Bord von Seeschiffen“ erfolgreich abgeschlossen. Er untersuchte die Herausforderungen von berufsbegleitenden, nebenberuflich studierbaren Weiterqualifizierungsangeboten für Seeleute. Bei der Arbeit handelt es sich um ein kooperatives Promotionsverfahren an der Schnittstelle von Bildungsmanagement und Maritime Management, an dem Prof. Dr. Ralf Wandelt von der Jade Hochschule als Zweitgutachter mitgewirkt hat. Die Promotion wurde an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg – Fakultät I Bildungs- und Sozialwissenschaften – durchgeführt und von Prof. Dr. Heinke Röbken als Erstgutachterin betreut.

Für Seeleute ist die Vereinbarkeit von Familie auf der einen und einer Berufstätigkeit an Bord auf der anderen Seite insbesondere infolge der monatelangen Abwesenheitsdauer schwer vereinbar. Nach dem Abschluss ihres Bachelorstudiums Nautik fahren nautische Offizier_innen deshalb in der Regel wenige Jahre zur See, bevor sie Beschäftigungsmöglichkeiten an Land suchen. Zur Vorbereitung dieses Karriereschrittes bekunden Seeleute ein großes Interesse an berufsbegleitenden Weiterqualifizierungsangeboten auf Masterniveau, weil „klassische“ Präsenzstudiengänge mit den Anforderungen eines Arbeitsplatzes auf See nicht vereinbar sind. Die Arbeit von Nause untersucht damit erstmals diese Adressatengruppe wissenschaftlicher Weiterbildung.

Ansprechpartnerin in der Pressestelle

Besondere Herausforderungen im Vergleich zu an Land nebenberuflich Studierenden

Nause befragte 30 nebenberuflich studierende Nautiker_innen zu ihren Erfahrungen, die sie mit dem Arbeiten, Leben und Lernen an Bord von Seeschiffen verbinden und verglich die Antworten mit bereits vorhandenen Erkenntnissen zu Studierenden, die an Land nebenberuflich studieren. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es grundsätzlich eine Herausforderung darstellt, in den sich stets abwechselnden Phasen von Arbeiten auf See – mit rund 70 Arbeitsstunden pro Woche – und Urlaub an Land das Studium als weitere Dimension in diese Lebensphase zu integrieren.

Wichtigstes Ergebnis der Arbeit ist die Entwicklung einer Typologie, um die beschrittenen Lernpfade der befragten Personen nachzeichnen zu können: Typ 1 studiert an Land, Typ 2 studiert auf See und Typ 3 studiert an Land und auf See. Zur Abgrenzung der Typen wurde als zweite Dimension, neben dem bevorzugten Lernort, die Selbstkompetenz und „grundsätzliche Einstellung“ der Personen berücksichtigt. Hierunter werden insbesondere die Dimensionen Motivation, Umgang mit Stress in Arbeit und Studium, Freizeitverhalten sowie Präferenz und Kompetenz im Umgang mit Aufteilung und Vereinbarkeit der Lebensbereiche zusammengefasst. Aber auch weitere Punkte stellen für diese Gruppe nebenberuflich studierender Personen eine große Belastung dar. Im Gegensatz zu ihren an Land beschäftigten und nebenberuflich studierenden Kommiliton_innen richten Nautiker_innen ihre Freizeitgestaltung an Land stets nach ihrem persönlichen Umfeld aus. Dem Studium wird regelmäßig die dritte Priorität zuteil.

Nebenberuflich studierende Nautikerinnen und Nautiker erfahren in Bezug auf ihr Studium keine Unterstützung von ihrem sozialen Umfeld. Im Gegenteil: Wenn sie sich im Erholungsurlaub befinden, verbringen sie viel Zeit mit der Familie und übernehmen Aufgaben in Haushalt und Erziehung. Das Verständnis ist vor dem Hintergrund der Berufstätigkeit mit langen Abwesenheitsphasen nachvollziehbar. Es lässt sich jedoch allein auf den Beruf und den Arbeitsplatz in der Seeschifffahrt zurückführen und nicht auf die Wiederaufnahme von Lernaktivitäten und unterscheidet sich deutlich zu den an Land beschäftigten nebenberuflich studierenden Personen.

Auch die Rolle der Arbeitgeber_innen nimmt Einfluss auf das Lernverhalten. Die meisten Lernenden nehmen an, dass die Fortsetzung der eigenen Weiterbildung im Kontext des Lebenslangen Lernens gleichbedeutend sei mit dem Wunsch nach einem Arbeitsplatzwechsel. Deswegen nehmen Arbeitgeber_innen meist eine pessimistische und hinderliche denn begünstigende Rolle ein. Dies hat zur Folge, dass sich Studierende an Bord in einer Art Fluchtmodus befinden, wenn sie ihr Studium geheim halten.

Motivationen für ein Studium auf See

Die Motivation für ein weiterführendes Studium ist einerseits in dem Interesse am Lernergebnis, dem Abschluss an sich und der beruflichen Absicherung begründet. Andererseits wird infolge des Lernprozesses an sich weitergelernt. Die Konsequenzen des erfolgreichen Abschlusses können dann zunächst nebensächlich erscheinen. Daneben spielt aber auch Weiterbildung vor dem Hintergrund einer ungewissen Zukunft der Personen eine Rolle, in der aus der Perspektive der Lernenden lediglich klar ist, dass sie nicht bis zum Renteneintritt zur See fahren möchten. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass die weiterführenden Lernaktivitäten der Personen auch den Wunsch nach „sinnvoller Freizeitbeschäftigung“ erfüllen.

„Herr Nause hat sich in beeindruckender Weise in die sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden und den aktuellen Stand der Bildungsforschung eingearbeitet. Seine in diesem Zusammenhang erworbene Kompetenz stellt für den Fachbereich Seefahrt und Logistik eine wichtige Ressource für die Konzeption künftiger Weiterbildungsangebote dar.“

Prof. Dr. Ralf Wandelt

Zur Person

Nach seinem Diplomstudium (FH) der Seeverkehrs- und Hafenwirtschaft trat Nicolas Nause in das Berufsleben ein und absolvierte parallel zu seiner Berufstätigkeit bei einem Containerterminalbetreiber nebenberuflich den Master Maritime Management an der Jade Hochschule. Anschließend wechselte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter zurück an den Fachbereich Seefahrt und Logistik, wo er im Anschluss an dessen Entwicklung den weiterbildenden Masterstudiengang International Maritime Management koordiniert: „Ich freue mich, dass ich die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse meiner Promotion direkt in die Praxis umsetzen kann“, berichtet der Mittdreißiger.

Nicolas Nause (Foto: Marcus Ahle)