Als Kind in einer traditionellen Handwerkerfamilie aufgewachsen, war eine akademische Karriere für Angela Moldenhauer zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht unbedingt vorgesehen. Dabei interessierte sich die Tochter einer Schneiderin und eines Tischlers entgegengesetzt des vorherrschenden Stereotyps schon früh statt für Puppen und Kleidchen für Technik und Naturwissenschaften.
„Dinge ausprobieren und entwickeln, das war schon immer meins“, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Management, Information, Technologie (MIT) heute. „Auch Mathematik hab‘ ich in der Schule einfach geliebt, das war mein Ding.“
Nach der Schule standen ihr alle Wege offen. Sie entschied sich erst einmal für ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Internat, verwarf die Idee eines sozialen Berufes aber wieder. Ein Studium wurde zu Beginn ebenfalls nicht in Betracht gezogen. „In erster Linie aus finanziellen Gründen“, sagt sie. Sie entschied sich für eine Ausbildung und bewarb sich bei einer Versicherung für einen Ausbildungsplatz als mathematische Assistentin. Das Antwortschreiben auf ihre Bewerbung ist der Dozentin bis heute in Erinnerung geblieben. Mit der Begründung, sie vor einer „beruflichen Fehlentscheidung bewahren zu wollen“, wurde ihr abgesagt. Das saß.
Die Begeisterung für Technik ließ sie indes nicht los und sie entschied sich für ein Studium an der damaligen Fachhochschule Wilhelmshaven. Mit der wirtschaftlichen Ausbildung im Gepäck bot sich nun der Schritt zur Wirtschaftsingenieurin an. Den „kompletten Ingenieur“ habe sie sich damals allerdings nicht zugetraut, erzählt sie. Inspiriert von ihrem Professor Edzard de Buhr fing sie im Verlauf des Studiums Feuer für den Schwerpunkt „Softwareengineering“ und plötzlich „fügten sich die Puzzleteile irgendwie“.
Die Entscheidung, in der Informatik Fuß zu fassen, habe sie bis dato nicht bereut, sagt die Dozentin für Wirtschaftsinformatik, mobile Anwendungen und User Experience. Trotz eines hohen Männeranteils während ihres Studiums und ihres ersten Berufsjahres in einer Hamburger IT-Firma, Schwierigkeiten hatte sie in der auch heute noch von den männlichen Kollegen dominierten IT-Branche nie – im Gegenteil: „Ich konnte mich immer ganz gut behaupten und hatte da keine Berührungsängste.“
Später zog es Angela Moldenhauer zurück nach Wilhelmshaven und sie fasste eine vakante Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin im damaligen Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen (heute MIT) ins Auge. Sie bekam die Stelle und stellte schnell fest, dass die Arbeit an der Hochschule genau das ist, was sie sich gewünscht hatte - das letzte Teil vom Puzzlestück.
Heute schwärmt sie von ihrer Arbeit an der Hochschule, bei der sie die Arbeit mit jungen Menschen und die Begeisterung für die Informatik miteinander verbinden kann. Als „gute Fee der Wirtschaftsinformatik“, wie sie ein ehemaliger Dekan einmal bezeichnete, begleitet sie die Studierenden mittlerweile seit 26 Jahren dabei, ihren eigenen Weg zu finden.
Ein besonderes Anliegen ist es ihr dabei, junge Menschen so früh wie möglich an MINT-Fächer heranführen und bei ihnen insbesondere das Interesse für IT zu wecken, denn „Informatik ist so viel mehr als Daddeln und Zocken“.
Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft
Noch immer sind Frauen in den Wissenschaften unterrepräsentiert. Nur ein Drittel aller weltweit in der Wissenschaft Beschäftigten sind laut UNESCO-Bericht Frauen. Trotz des weltweiten Fachkräftemangels fehlen Frauen weiterhin in den Ingenieur- und Technikwissenschaften. Um einen vollwertigen und gleichberechtigten Zugang zur Teilnahme an der Wissenschaft für Frauen und Mädchen zu fördern, hat die UNESCO den Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft (11. Februar) ins Leben gerufen.
Auch an der Jade Hochschule sind Frauen in der Wissenschaft deutlich unterrepräsentiert: Im Jahr 2022 lag der Professorinnenanteil bei 21 Prozent, der Anteil der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen bei 34,7 Prozent. Daher möchten wir mit dieser Serie rund um den Aktionstag in der Jade Welt auf das Thema aufmerksam und einige Frauen aus Wissenschaft und Lehre sichtbar machen.