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Über Neugier und den Mut zum Ungewissen

Frauen in Wissenschaft und Lehre: Prof. Dr. Juliane Benra

Sie habe den Geschlechterkampf erst spät entdeckt, erzählt Juliane Benra. Sie entwickelte bei Philips Software, als sie es mit der sogenannten „gläsernen Decke“ zu tun bekam. „Mir wurde plötzlich bewusst: Ich kam nur bis zur Ebene der Projektleitung. In der Ebene darüber gab es keine Frau mehr.“

Einige Jahre ihrer Schulzeit hatte sie auf einer Schule verbracht, die kurz zuvor noch eine reine Mädchenschule war. „Deshalb waren die Lehrkräfte darin geübt, in Mädchen Potenziale für vermeintlich unweibliche Fächer aufzuspüren“, erzählt die heutige Professorin für Echtzeitdatenverarbeitung und Betriebssysteme im Fachbereich Ingenieurwissenschaften. Eine weitere Besonderheit war, dass sie in der 8. Klasse als Versuchsklasse am Computer arbeiten durften. Das war damals „hochgradig exotisch“, auch weil es 30.000 Mark verschlang, die Rechner anzuschaffen. Eine lohnende Investition. Denn Juliane Benra fand dieses Angebot so spannend, dass sie nachmittags freiwillig zu einem Computer-Workshop ging. Wie viele ihrer heutigen Kolleginnen hatte sie einen Mathelehrer, der sie bestärkte und beflügelte.

Prof. Dr. Juliane Benra lehrt am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und ist seit 2020 Vizepräsidentin für Internationales, Digitalisierung und Mediensysteme. (Foto: Andreas Rothaus/JadeHS)
Prof. Dr. Juliane Benra lehrt am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und ist seit 2020 Vizepräsidentin für Internationales, Digitalisierung und Mediensysteme. (Foto: Andreas Rothaus/JadeHS)

„Mathe und Technik machen Spaß und bieten interessante und kreative Möglichkeiten bei einer späteren Berufstätigkeit.“

Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft

Noch immer sind Frauen in den Wissenschaften unterrepräsentiert. Nur ein Drittel aller weltweit in der Wissenschaft Beschäftigten sind laut UNESCO-Bericht Frauen. Trotz des weltweiten Fachkräftemangels fehlen Frauen weiterhin in den Ingenieur- und Technikwissenschaften. Um einen vollwertigen und gleichberechtigten Zugang zur Teilnahme an der Wissenschaft für Frauen und Mädchen zu fördern, hat die UNESCO den Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft (11. Februar) ins Leben gerufen.

Auch an der Jade Hochschule sind Frauen in der Wissenschaft deutlich unterrepräsentiert: Im Jahr 2022 lag der Professorinnenanteil bei 21 Prozent, der Anteil der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen bei 34,7 Prozent. Daher möchten wir mit dieser Serie rund um den Aktionstag in der Jade Welt auf das Thema aufmerksam und einige Frauen aus Wissenschaft und Lehre sichtbar machen.

Von der Theaterwissenschaft bis zur Astrophysik hätte sie alles studieren können, so vielseitig waren ihre Interessen. „Das Mathestudium“, sagt sie, „das war zumindest zu Beginn nicht so einfach, aber ich bin dann doch gut durchgekommen. Dann kam die Hauptdiplomprüfung, da zählten die bisherigen Leistungen nicht mit; es musste alles aus dem Studium in einer Zeit von vier Wochen präsent sein! Das war psychisch eine sehr hohe Hürde.“

Heute lernen Elektrotechniker, Kommunikationstechnikerinnen, Meerestechniker, Mechatronikerinnen oder Medizintechniker von ihr den Umgang mit Betriebssystemen, hardwarenaher Echtzeitdatenverarbeitung und technischer Software. „Fast alle, die im ingenieurwissenschaftlichen Bereich studieren, laufen bei uns im Informatikbereich vorbei“, so Juliane Benra.

Als wichtigste Eigenschaften und Quelle der Freude bezeichnet sie es, neugierig zu sein, sich das Staunen zu bewahren und Mut zum Ungewissen zu haben. Jüngeren rät sie: Nicht denken, dass die anderen besser sind.

„Frauen sind häufig sehr selbstkritisch und definieren sich über das, was sie noch nicht können. Männer gucken mehr auf das, was sie können.“


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