Prof. Dr. Bernhard Köster vom Fachbereich Wirtschaft untersucht die Verwendung von Wasserstoff als Antriebsstoff für Pkw und Lkw, insbesondere im Vergleich zur akkubasierten Elektromobilität. Die Jade Welt (JW) hat nachgefragt…
JW: Lieber Herr Köster, welchen Anteil macht der Verkehrssektor in Deutschlands Energieverbrauch im Jahr aus?
Köster: Der Verkehrssektor macht mit gut 600 Terawattstunden in Deutschland knapp 30 Prozent des Endenergieverbrauchs aus. Die Endenergie ist dabei die Primärenergie abzüglich der Energie, die beim Umwandlungsprozess von zum Beispiel Gas in elektrische Energie verloren geht. Zudem wird dieser Energiebedarf im Verkehrssektor derzeit zu rund 90 Prozent durch Mineralölprodukte gedeckt.
JW: Als alternative Antriebstechniken könnten der Elektromotor mit einem Akku (E-Auto) oder die Brennstoffzelle mit Wasserstoff (H2-Auto) genutzt werden. Worauf sollen wir setzen – insbesondere hinsichtlich der Effizienz, der Klimabilanz, des Lade- und Tankstellennetzes sowie der Kosten?
Köster: Die wesentlichen Unterschiede zwischen E-Auto und H2-Auto waren bisher der in etwa um einen Faktor zwei höher liegende Wirkungsgrad beim Antrieb eines E-Autos gegenüber dem eines H2-Autos, während das H2-Auto seinen Vorteil bei der Reichweite hatte. Denn beim H2-Auto läuft die Betankung ähnlich ab, wie bei den Verbrennungsmotoren, so dass keine Einschränkungen wie bei E-Auto hinzunehmen sind. Beide Unterschiede gleichen sich allerdings mit der aktuellen Entwicklung langsam an. Insbesondere hat sich in jüngster Zeit die Reichweite von E-Autos deutlich verbessert, was nicht zuletzt daran liegt, dass durch die Förderung der öffentlichen Hand mittlerweile rund ein Fünftel der Neuzulassungen E-Autos sind, weshalb die Forschungsausgaben in diesem Bereich deutlich zugenommen haben.
Ein weiterer Vorteil bei den E-Autos ist wahrscheinlich in der Zukunft die Lademöglichkeit zu Hause oder auf großen Parkplätzen von Supermärkten und Einkaufszentren, während man für das H2-Auto weiterhin auf ein klassisches Tankstellennetz angewiesen ist.
Umgekehrt stellt sich gerade bei der Lebenszeit bzw. späteren Entsorgung der Akkus die Frage bezüglich der Umweltverträglichkeit des E-Autos. Hier ist die Studienlage uneinheitlich, so dass man keine seriöse Aussage zum Für und Wider treffen kann.
Insgesamt geht aber die Tendenz beim PKW hin zum E-Auto, da dies derzeit auch der politische Wille ist. Im LKW-Bereich ist das Rennen dagegen noch offener, denn hier fällt der Reichweitenvorteil des H2-Antriebs stärker ins Gewicht und die Abhängigkeit von einem klassischen Tankstellennetz ist sicher auch weniger problematisch.
JW: Welche Rolle spielt die Rohstoffabhängigkeit bei den alternativen Antriebstechniken – und wo könnte es da eng werden?
Köster: Bei aller Euphorie im Zuge der Mobilitätswende die Klimaziele besser zu erreichen, darf nicht vergessen werden, dass auch die neuen Antriebstechniken E-Auto und H2-Auto Rohstoffe benötigen, die in Deutschland oder der EU nicht in ausreichenden Maße verfügbar sind. Bei den Akkus sind es vornehmlich Lithium, Nickel und Kobalt und bei der Brennstoffzelle das Edelmetall Platin. Zudem benötigen beide Technologien wie überall im Elektronikbereich Seltene Erden. Insbesondere bei letzteren besitzt China in der Produktion derzeit quasi ein Monopol. Außerdem ist Russland als flächenmäßig größtes Land der Erde bei vielen Rohstoffen auch einer der Hauptproduzenten, wie beispielsweise bei Nickel.
Da letztlich alle Industrieländer mehr oder weniger stark eine Mobilitätswende vorantreiben, darf es nicht verwundern, wenn es mit den vorhandenen Technologien bei den genannten Rohstoffen zu Engpässen kommen wird. Ziel muss daher sein durch Forschung und Entwicklung diese knappen Ressourcen zumindest teilweise ersetzen zu können.