Nachspielzeit: Wie sieht das Leben nach einer Fußball-Karriere aus?

Studenten der Jade Hochschule produzieren Filmdokumentation über Profifußballer nach dem Karriereende

Maximilian Oesterhelweg im Stadion des Chemnitzer FC (Foto: Finn Rose)

„Nach der Karriere ist vor dem Nichts. Zumindest bei vielen Fußballern. Es gilt, sich berufsmäßig neu zu orientieren und sich auf neue Lebens- und Berufsstrukturen außerhalb der Fußball-Welt einzustellen. Wie gehen Fußballer diese Herausforderungen an? Wie vorausschauend haben sie sich darauf vorbereitet? Inwiefern herrscht unter Fußballern Sorge vor der Zeit danach?“ Mit diesen Fragen begründen Daniel Brickwedde und Finn Hendrik Rose, die an der Jade Hochschule Medienwirtschaft und Journalismus studiert haben, ihre Abschlussarbeit. In ihrer gemeinsamen Bachelorarbeit „Nachspielzeit“ haben sie eine Reportage recherchiert und gedreht, wie sich drei Profi-Fußballer nach dem Ende ihrer Karriere auf dem Arbeitsmarkt zurechtfinden. Am 22. November wird ihre Reportage nun im NDR ausgestrahlt.

Die beiden Studenten haben sich bewusst ein Thema gesucht, das öffentlich selten Berücksichtigung findet. „Wir wollten einen Blick hinter die Fassade des Sports zeigen, der Schwierigkeiten und Herausforderungen abseits des Glanzprodukts Fußball thematisiert“, schreiben die beiden in ihrer Bachelorarbeit. Das Ziel haben sie erreicht, darin sind sich die beiden Gutachterinnen der Arbeit Prof. Dr. Andrea Czepek und Erstprüferin Carola Schede einig. „Daniel Brickwedde und Finn Rose haben sich als Team wunderbar ergänzt und einfühlsame Interviews zu diesem wenig beachteten, aber sehr relevanten Thema geführt“, findet Czepek. „Da ist alles drin, was eine gute Story ausmacht: interessante Persönlichkeiten, Spannung und ein Einblick in eine Welt, die man normalerweise nicht sieht.“

Da sie von der Abschlussarbeit so überzeugt war, nahm Schede Kontakt zur Sportredaktion des NDR auf. Im Oktober bekamen die jungen Männer dann die Rückmeldung, dass ihre Reportage im NDR Sportclub ausgestrahlt werden soll. Damit der Beitrag in das Sendeformat passt, haben sie ihren Film von ursprünglich 45 Minuten nun auf 30 Minuten gekürzt. Auch ein professioneller Sprecher kam zum Einsatz. Ein Leben nach dem Fußball wird nicht selten zur Herausforderung. Dieser Punkt bewegte die beiden Studierenden zu ihrem Filmprojekt „Nachspielzeit“, die nun eine neue Sichtweise auf den Breitensport Fußball liefert.

„Fußball ist nur eine vorübergehende Berufung von ein paar Jahren,

Der Beitrag wird am 22. November um 23.35 Uhr im NDR ausgestrahlt.

Daniel Brickwedde (Foto: Finn Rose)
Daniel Brickwedde und Finn Rose bei den Dreharbeiten (Foto: Michael Bieckmann)

in denen ein Profi damit sein Leben finanzieren kann. Und selbst diese Zeitspanne ist nicht selbstverständlich. Für die Fortführung der Karriere ist ein Fußballer stets auf neue Vertragsangebote angewiesen – bleiben diese aus oder tritt eine schwere Verletzung auf, kann die Karriere auch deutlich früher und unerwartet zu Ende gehen.“

Zu diesem Ergebnis kommen Brickwedde und Rose bei ihren Recherchen. In ihrer Reportage zeigen sie drei unterschiedliche Lebenswege für ein Leben nach dem Fußball. „Am 22. November werden wir auf jeden Fall zusammen Sportclub gucken. Ich freue mich wahnsinnig mit den beiden. Wir haben viele wirklich sehr begabte Studierende bei uns an der Hochschule. Die beiden sind jetzt genau da, wo sie hingehören", resümiert Schede.

Die Protagonisten

Maximilian Oesterhelweg ist seit Juli vergangenen Jahres ohne Vertrag und seitdem als arbeitssuchend gemeldet. Er ist erst 29 Jahre alt und hat daher durchaus noch Perspektiven auf Profiniveau Fußball zu spielen. Bisher hat er beispielsweise für Eintracht Frankfurt oder VR Aalen gespielt. Allerdings wurde er auch schon mit altersbedingten Absagen konfrontiert. Auch deshalb muss sich Oesterhelweg mit der Frage beschäftigen, wie seine berufliche Zukunft abseits des Fußball aussehen kann.

Felix Schiller hat im Januar 2019 selbst seine Fußballkarriere beendet. Über Jahre war er oft verletzt, nach einer Knieverletzung sind seine körperlichen Grenzen erreicht. Nun lehrt er an einer Förder- und Grundschule in Berlin die Fächer Sport und Mathematik. Da er Quereinsteiger ist, wird er derzeit von einer erfahrenen Lehrerin angeleitet. In der Reportage berichtet Schiller, wie er den Prozess vom Fußballprofi zum Lehrer gemeistert hat und wie das Leben abseits des öffentlichen Interesses für ihn aussieht.

Hans-Jürgen Gundelach war 13 Jahre Fußballprofi – beispielsweise bei Eintracht Frankfurt und Werder Bremen. Seine Karriere endete bereits 1997, er selbst wäre jedoch selbst noch gerne weiter aktiv geblieben. Nach eigener Aussage fällt Gundelach nach dem Karriereende in ein Loch und nimmt die Hilfe einer Psychologin in Anspruch. In der Reportage gibt er einen Einblick, wie er diese Zeit verarbeiten konnte.

Kommentar Carola Schede

„Es war eines der letzten Kolloquien Anfang März dieses Jahres, die tatsächlich noch in der Hochschule stattgefunden haben. Eine sonderbare Atmosphäre. Der Parkplatz der Hochschule fast leer. Ebenso die Flure und die große Cafeteria. Eine Stunde lang berichteten die beiden Studierenden über ihre Arbeit „Nachspielzeit". Eine Filmdokumentation über drei Profifußballer. Die beiden Medienwirte und Journalisten haben sie über Wochen begleitet.

Schon die Fotos der Dreharbeiten, die die Studenten der Jade Hochschule im Rahmen ihrer Prüfung zeigten, zeugten von einer besonderen Atmosphäre der Drehs und der Arbeitsweise der beiden Filmemacher. Konzentriert. Dicht an den Protagonisten dran. Oder in weitem Abstand auf der Suche nach der besonderen Perspektive.

Schon nach Bekanntgabe der verdienten Bestnote sagte ich zu den beiden: „Das muss raus. Das ist so aktuell. Das passt!" Die langjährige NDR Reporterin rief einfach in Hamburg an. „Ich möchte bitte mit der Sportredaktion sprechen.“ Und tatsächlich: Der Redaktion waren gerade diverse Geschichten durch Corona weggebrochen. Fußball in der Sendepause. Da kam diese aufwändige und liebevolle Dokumentation von Profifußballern, die gewollt oder ungewollt im Umbruch sind, genau richtig.

Die Geschichte musste ein bisschen gekürzt werden und das Ende musste neu erzählt werden. Und jetzt kommt ein richtiger Sprecher zum Einsatz. Also: Vieles bleibt gleich, vieles wird aber auch anders.

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Damit Journalistinnen und Journalisten unabhängig und kritisch recherchieren und berichten können, ist weltweit eine freie, gut ausgestattete Journalistenausbildung erforderlich. Daran appellierten eindringlich die internationalen Organisationen der Journalistenausbildung an Hochschulen, die sich im Juli zur Konferenz „World Journalism Education Congress“ (WEJC) trafen. Für die Jade Hochschule nahmen Prof. Dr. Andrea Czepek und Melanie Hellwig an der Tagung teil.

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