Wilhelmshaven.Oldenburg. Ein kurzer Blick ins Milchregal zeigt: Hier stehen Veränderungen an! Hafer- und Sojaprodukte gesellen sich zur bekannten Kuhmilch, die gerade bei der jungen Generation immer mehr in Frage gestellt wird. Gemeinsam mit der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) wollen Studierende des sechsten Semesters Medienwirtschaft und Journalismus an der Jade Hochschule unter der Leitung von Dozentin Carola Schede einen Dialog mit der Gesellschaft schaffen, um der Milchwirtschaft auf den Grund zu gehen. Wertschätzung auf beiden Seiten soll dabei im Vordergrund stehen.
Laut aktueller Studien steigt die Anzahl von Personen in Deutschland, die sich vegan ernähren kontinuierlich
So betrug die Anzahl an Personen, die sich vegan ernähren im Jahre 2008 noch knapp 80.000, und im Jahr 2020 bereits 1,13 Millionen. Trotz der steigenden Zahl und vielen pflanzlichen Milchalternativen ist Jürn Diers vom Milchhof Diers in Oldenburg davon überzeugt, dass sich die klassische Kuhmilch nicht verdrängen lassen kann. Die Nährstoffe pflanzlicher Milchalternativen könnten hierbei nicht mithalten, vor allem die Qualität der Proteine würde unterschätzt. Auch Katharina Krause, Ernährungswissenschaftlerin von der LVN betont, dass „Milchprodukte der Kalziumlieferant Nummer 1“ seien.
Ende Oktober trafen sich die Studierenden bei Jürn und Hanke Diers auf ihrem Hof in Oldenburg. „Nachhaltigkeit leben wir hier schon immer. Wir denken von Generation zu Generation“, sagt Jürn Diers. Schon der Urgroßvater wirtschaftete hier auf dem Grünland vor der Tür. „Das ist eine einzigartige Kulturlandschaft in Europa!“ Im Jahre 1948 wurde erstmals Milch an Oldenburger Krankenhäuser verkauft. Heute beliefert der Milchhof Diers rund 3500 Privathaushalte sowie 100 Kindergärten, Cafés und mehr im Oldenburger Umland mit Milch, Joghurt und Quark. Und auch der offene Kühlschrank auf dem Hof ist immer gut besucht.
„98 Prozent der Kalbungen laufen ohne Probleme ab“, berichtet Jürn Diers mit Blick auf die trächtigen Kühe im Strohbett des Abkalbstalls. Voraussetzung dafür ist genügend Platz, der den werdenden Müttern auf dem Milchhof Diers geboten wird. Die anderen Kühe stehen im Boxenstall oder auf der Weide dahinter. Dort haben sie Zugang zu Futter, Wasser und können sich ausruhen. „Das Wichtigste ist, dass die Kuh gesund bleibt“, erklärt Jürn Diers. Direkt nach dem Melken wird die Milch pasteurisiert und in Mehrwegflaschen aus Hartplastik abgefüllt. Hanke Diers meint, diese seien die „ökologischste Verpackung, die man haben kann: robust und sehr lange haltbar“. Weitere Produkte wie Kakao, Quark und Joghurt werden in biologisch abbaubare Einwegbecher gefüllt.
Immer mehr Menschen sind bereit, mehr Geld für Milch auszugeben
Auf dem Milchhof Diers leben rund 350 Milchkühe, die zweimal täglich gemolken werden und um die drei Millionen Liter Milch pro Jahr geben. Somit zählt der Milchhof Diers zu den kleineren Milchbetrieben. Großmolkereien verarbeiteten ganze 1805,9 Millionen Kilogramm Milch pro Jahr. „Was diese Molkereien in einem Monat verarbeiten, dafür brauchen wir 180 Jahre“, bietet Hanke Diers einen Vergleich. Dementsprechend sind auch die Preise der Diers-Produkte verglichen mit den sonstigen Milchprodukten aus dem Supermarkt etwas teurer. Allerdings hat Hanke Diers auch festgestellt, dass immer mehr Menschen dazu bereit sind, mehr für Milch auszugeben, wenn sie wissen, dass sie unter guten Umständen produziert wird.
Hanke und Jürn Diers wünschen sich vermehrte Transparenz und Aufklärung über die Landwirtschaft – nicht nur innerhalb der Bevölkerung, sondern vor allem auch von Seiten der Politik. So seien einige Entscheidungen über landwirtschaftliche Verordnungen, die zum Beispiel das Düngen betreffen, gegen die Faktenlage gefällt worden. Als besonders schwierig empfindet Jürn Diers den von den Medien vermittelten Eindruck, dass „der Bauer Raubbau in der Natur betreibt, Tiere quält und nur auf Gewinnmaximierung aus sei“. Vielen Menschen sei nicht bewusst, dass Nutztierhaltung mit Kompromissen verbunden sei, was zu Differenzen zwischen Verbraucher_innen und Landwirten führen würde:
„Es ist viel wert, wenn der Verbraucher versteht, warum die Landwirte bestimmte Dinge tun.“
Landwirt Jürn Diers
Medienprojekt wird im Dezember im CORE Oldenburg fortgesetzt
Das ist das Stichwort für das Medienprojekt der Jade Hochschule. Ob Kuhmilchliebhaberin, Veganer oder irgendetwas dazwischen: Im Dezember wollen die Studierenden im Rahmen des Projekts ein Event im Oldenburger CORE veranstalten. Die Zusage haben sie schon. Hier sollen alle angesprochen und zu einem intensiven Austausch an Erfahrungen, Meinungen und Wissen angeregt werden. Es geht nicht um das Aufzwingen einer Lebensweise oder das Unterschlagen einer anderen, sondern um Offenheit, Information und vor allem Kommunikation.