Erstes Jade BarCamp Agile im virtuellen Raum
Komplexe Herausforderungen durch agiles Arbeiten bewältigen
Mitte September fand das erste Jade BarCamp zum Thema Agile statt. Die Initiative wurde von den Professor_innen Dr. Doreen Appelt, Dr. Sebastian Hollermann und Dr. Kai Mecke sowie von dem Startup Manager Robert Kornblum ins Leben gerufen.
Die Jade Welt (JW) fragt Prof. Dr. Doreen Appelt nach den Hintergründen.
JW: Was ist an dem Thema „agiles Arbeiten“ interessant - insbesondere mit Bezug zur Hochschule?
Appelt: Agiles Arbeiten ist in aller Munde und nimmt Einzug in verschiedenste Lebensbereiche in Wirtschaft, Gesellschaft, Bildung etc. Agiles Arbeiten kann helfen, komplexe Probleme zu bewältigen beziehungsweise komplexe Produkte zu entwickeln. Deshalb wollen wir beispielsweise in der Lehre Studierende mit agilen Arbeitsweisen konfrontieren und so Kompetenzen wie Kollaboration, Selbstorganisation und -führung sowie interdisziplinäres Arbeiten fördern. Damit bereiten wir Studierende auf die moderne Arbeitswelt vor. Agiles Arbeiten kann aber auch in großen Forschungsprojekten hilfreich sein, die mit einem komplexen Umfeld konfrontiert sind. Zudem ist es für uns sehr interessant in die Praxis zu schauen und angewandte Forschung zu betreiben, wie agiles Arbeiten die Komplexitätskompetenz von Organisationen erhöhen und die Ergebnisse beispielsweise von Projekten verbessern kann.
JW: Warum wurde die Veranstaltung als Barcamp durchgeführt?
Appelt: Ein BarCamp ist eine offene Tagung mit dem Fokus auf Austausch und Diskussion. Wir wollten gerne Interessierte zum Thema niedrigschwellig und ohne viel Aufwand zusammenbringen. Deshalb haben wir ein knackiges Format von zwei Stunden als Online-Veranstaltung gewählt. Darüber hinaus ist ein BarCamp selbst ein Format, das im Kontext des agilen Lernens verortet werden kann. Es fördert die Kollaboration, in dem gemeinsam miteinander und voneinander gelernt wird. Die Teilnehmer sind Teilgebende, die selbstbestimmt entscheiden, was sie interessiert und was sie einbringen möchten. Wir glauben, es ist wichtig solche Formate verstärkt zu nutzen, um noch mehr voneinander zu erfahren, was in den verschiedenen Bereichen der Hochschule passiert. So können wir neue Kooperationspotentiale entdecken. Zudem waren auch Praxisvertreter eingeladen, um unter anderem hier voneinander zu lernen und Ideen für Transfer und Zusammenarbeit zu gewinnen.
Einsatz in der Lehre
Die neuen Arbeitsmethoden werden in Lehre an der Jade Hochschule bereits angewandt:. Prof. Dr. Kai Mecke bietet eine Veranstaltung zur agilen Produktentwicklung an, die anhand des Scrum-Frameworks organisiert wird.
In einem interdisziplinären Veranstaltungsformat bieten die Professor_innen Willmann (Architektur), Kaiser (Pädagogik), Pesch (Geoinformation) und Hollermann (Bauwesen) gemeinsam mit dem Experten für Agile Hochschuldidaktik Christof Arn ein spezielles Format basierend auf der Double-Diamond-Methode an.
Elemente des Scrum-Frameworks in Kombination mit Ansätzen der Kanban-Methode werden von den Professoren Grunwald (Architektur) und Hollermann (Bauwesen) in der Veranstaltung „digitales Engineering“ eingesetzt.
Im Fachbereich Wirtschaft nutzt Prof. Dr. Doreen Appelt eduScrum in Ihrer Veranstaltung zum Organisationsdesign.
Zu den Fachbegriffen
Scrum/Scrum-Framework: Agile Arbeitsweise nach Schwaber und Sutherland (www.scrum.org)
Kanban-Methode: eine in Japan bei Toyota entwickelte Methode zur Prozesssteuerung
Double-Diamond-Methode: Designprozessmodell, das ein nutzerzentriertes Designen durch den Double Diamond Prozess (Verstehen und Definieren des Problems durch Benutzerforschung bis hin zur zielgruppengerechten Ausarbeitung von Lösungsansätzen) ermöglicht.
JW: Welche Ergebnisse gab es?
Appelt: Die Ergebnisse sind sehr individuell, da wir in Summe sieben verschiedene Themen in zwei Runden diskutiert haben. Ein Ergebnis über alle Sessions hinweg war, dass es sich lohnt, agiles Arbeiten an der Hochschule und die Auseinandersetzung mit dem Thema in der Forschung zu fördern.
Ein wichtiges Thema war, wie wir agile Arbeitsmethoden und agile Tools auch in Vorlesungen und in projektorientierten Lehrveranstaltungen nutzen können. Im Bereich der agilen Lehre gibt es bereits einige Anwender_innen. In verschiedenen Sessions wurde diskutiert, welche Rahmenbedingungen agile Lehre und agiles Lernen brauchen. Wichtige Elemente sind die regelmäßige Überprüfung der Arbeitsergebnisse und die Reflexion über das eigene und das Gruppenverhalten. Methoden und Tools geben dabei den Rahmen, dass eine andere Art der Zusammenarbeit entstehen und Früchte tragen kann, sind aber kein Selbstzweck. In der Zusammenarbeit stehen Transparenz, gemeinsames Überprüfen und Anpassen der Arbeitsergebnisse und der Arbeitsweise, Selbstorganisation und Entscheidungen durch das Team im Fokus. Die Teilnehmer waren sich einig, dass so wichtige Zukunftskompetenzen bei den Lernenden gefördert werden können. Ein weiterer Austausch ist geplant.
Es wurde diskutiert, wie agiles Lehren und Lernen in der Berufsausbildung eingesetzt werden kann. Hier werden bereits Konzepte in der Region entwickelt und die Praxis freut sich über einen Austausch und Kontakte.
Spannend war die Vorstellung des Agile Working Models bei einem großen deutschen Automobilhersteller. Hier konnten die Teilnehmer erfahren, wie agiles Arbeiten im Konzernumfeld in einem produzierenden Unternehmen funktionieren kann. Es ging darum, welche Art der Organisation, horizontal und vertikal in einem internationalen Kooperationsprojekt umgesetzt wurde. Zudem wurde die Frage diskutiert, ob agiles Arbeiten in Hinblick auf die Prozesseffizienz immer sinnvoll ist.
Wir hatten angeregte Diskussionen und das Format ist sehr gut angekommen, so dass wir weitere BarCamps für die Zukunft, auch zu anderen Themen, planen. Für Fragen, Ideen und Anregungen freuen wir uns über eine jederzeitige Kontaktaufnahme aus allen Bereichen der Hochschule und darüber hinaus.