Dr. Enrico Mai wurde an die Jade Hochschule berufen. Als Professor für Vermessungskunde und Raumbezug lehrt und forscht er künftig am Fachbereich Bauwesen Geoinformation Gesundheitstechnologie (BGG) am Campus Oldenburg.
Die Redaktion der Jade Welt (JW) fragt nach…
JW: Lieber Herr Mai, was hat Sie zum Wechsel an die Jade Hochschule bewogen?
Mai: Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter beziehungsweise PostDoc an geodätischen Instituten in Berlin und Hannover habe ich Studierende in verschiedenen Fächern unterrichtet. In den letzten Jahren lag der Fokus mehr auf der Forschung im Rahmen interdisziplinärer Forschungsverbünde. Als Professor an einer Hochschule habe ich nun die Chance, beide Erfahrungswelten noch stärker zu verschmelzen und dabei neue Entwicklungen unmittelbar in die studentische Ausbildung prägend einfließen zu lassen.
Das Berufungsverfahren an der Jade Hochschule war mit mehreren Vor-Ort Terminen verbunden. Dabei hat mich die moderne Infrastruktur beeindruckt. Sehr angenehm empfinde ich die kurzen Wege und den überschaubaren Campus hier am Studienort Oldenburg. Die enge Nachbarschaft zu anderen Disziplinen, räumlich wie strukturell angelegt, befördert Kooperationsmöglichkeiten.
Last but not least, eine Hochschule, die einen Geodäten als Präsidenten hat, kann kein schlechter Ort sein…
JW: Mit welchen Erwartungen und Vorstellungen treten Sie die Professur an?
Mai: Mein Start am Fachbereich BGG in der Abteilung Geoinformation wurde mir leicht gemacht durch die herzliche Aufnahme und konstruktive Unterstützung seitens des Kollegiums.
Viele Herausforderungen und technische Entwicklungen der heutigen Zeit, wie zum Beispiel der Klimawandel, globales Monitoring oder autonomes Fahren erfordern eine verlässliche Basis zur Beschreibung natürlicher oder menschengemachter Phänomene beziehungsweise ganz allgemein eine dauerhaft gesicherte Referenzierung von Positionen und Geschwindigkeiten. Der Geodäsie kommt dabei weiterhin eine Schlüsselrolle zu, zum Beispiel indem sie diese Basis in Form von Referenzsystemen konsistent auf verschiedenen raumzeitlichen Skalen bereitstellt. Solche Systeme müssen definiert, realisiert, gepflegt, überwacht und neuen Erfordernissen angepasst werden. Das erfordert eine solide Ausbildung des geodätischen Nachwuchses, die nahe am aktuellen Stand der Forschung erfolgen sollte. Ich freue mich darauf, durch meine Professur "Vermessungskunde und Raumbezug" meinen Teil dazu beitragen zu dürfen.
JW: Welche Schwerpunkte möchten Sie in Lehre und Forschung setzen?
Mai: In der Lehre möchte ich meine Erfahrungen bezüglich der Satellitengeodäsie einbringen, eine entsprechende Lehrveranstaltung neu konzipieren und realisieren. Zudem wird die derzeit rasante Entwicklung der relativistischen Geodäsie früher oder später auch im Curriculum einer Hochschulausbildung Berücksichtigung finden müssen. Diesen Prozess möchte ich gerne begleiten.
Mit der immensen Rechenleistung heutiger Computer wurde es möglich, Optimierungsprobleme auf neue Art und Weise anzugehen. So lassen sich durch stochastische Ansätze, zum Beispiel mittels Evolutionsstrategien, eventuell noch bessere Lösungen finden, welche einem durch die zumeist übliche Anwendung von Gradientenverfahren, zum Beispiel klassische Ausgleichungsrechnung, ansonsten verborgen bleiben. Die Untersuchung der Anwendbarkeit von Evolutionsstrategien auf genuin geodätische und interdisziplinäre Fragestellungen wird ein Fokus meiner Forschungstätigkeit sein.